Von Burgos (E) über die portugiesischen Berge in den Süden

Weiter ziehn’s, die Nomaden!

Mehr und mehr nähern wir uns der portugiesischen Grenze und fahren offensichtlich durch die unendliche Kornkammer Spaniens. Bei den Weiten bleibt einem wahrhaftig schier der Atem stehen. Nach der letzten Übernachtung in Bretocino erreichen wir endlich das Land, das uns die Winterzeit „versüssen“ soll. Der Grenzübertritt erfolgt auf der Staumauer über den Stausee des Rio Douro. Wir folgen dem Strassenverlauf bergan nach Miranda do Douro, wo wir uns von der ersten portugiesischen Mahlzeit überraschen lassen. Das Verständigen ist das Spannendste, denn sowohl die französische wie die englische Sprache werden auf dem Lande nur mangelhaft beherrscht.

Unser erster Übernachtungsplatz in Portugal finden wir in Bragança, dem kleinen Städtchen mit eindrucksvoller Burg direkt oberhalb des Stellplatzes. Gegen Abend besucht uns und die übrigen Wohnmobilisten ein netter, französisch sprechender Herr, der für seinen Stellplatz im etwa 70 km entfernten Bergdorf Vilartao aquiriert. Dieses liegt notabene auf unserer Strecke nach Chaves, wir werden sehen.

Wir erfreuen uns an der traumhaften Herbstlandschaft und der portugiesischen Weite. Kastanienbäume in rauhen Mengen, mit schwerst beladenen Ästen säumen die Strassen. Sogar die jungen Baumkinder tragen tapfer ihre bereits überraschend grosse Last mit Würde. Neugierig wie wir sind, wollen wir sehen, wofür der freundliche Herr sich so einsetzte, bei seinem Besuch auf dem Stellplatz in Bragança. Heisst, dass wir in Vilartao dem Wegweiser Campismo „O Tempo parou“ folgen. Et voilà, wir fahren direkt im Paradies ein, denn wenn es hier nicht ist, gibt es keins!! Ein Ausblick in die wunderbar hügelige Naturlandschaft in Form von Weinbergen, Kastanienhainen unter blauem Himmel – einfach nur schön und beruhigend für das Auge. Bei unserer Ankunft begrüsst uns der charmante Herr statt in adretter Kleidung in seiner Arbeitskluft, und ist sichtlich erfreut ob der neu ankommenden Kundschaft. Echt ein Platz zum Wohlfühlen und Verweilen, was wir auch machen, abseits von jeglicher Zivilisation.

Im Dörflein Vilartao sind wir Touris die Attraktion schlechthin und werden von den einheimischen Bewohnern freudig wahrgenommen. Dass dies auch ohne wirkliche Worte spürbar sein kann, zeigen uns eben diese Begegnungen mit den einfachen Menschen. Hier ticken die Uhren definitiv noch anders und unser Monsieur, der gebürtige Franzose macht für seine Wohnmobilisten alles Menschenmögliche, damit sie sich wohlfühlen. Er und seine Frau haben lange Jahre in der Schweiz gearbeitet, weshalb man bei ihnen sozusagen schweizerische Qualität antrifft. Am Liebsten würde man hier die Zeit vergessen, was übrigens auch der Name des Campings sagt: wo die Zeit stillsteht – o Tempo parou! Dennoch wollen wir weiter südlich ziehen, denn hier befinden wir uns immer noch auf 700 müM.

Neuentdecken und auch immer wieder schöne Orte verlassen, das ist das Los unseres Daseins! Nach fast einer Woche verabschieden wir uns von den überaus liebenswürdigen Gastgebern. Mit auf den Weg geben sie uns ihr Angebot, dass wir jederzeit ihre Hilfe in Anspruch nehmen dürfen, falls es die Situation erfordert.

Auf der Weiterfahrt in südwestlicher Richtung mit Poschti-Halt in Chaves sind wir nicht immer von strahlendem Sonnenschein begleitet. Schade, denn wir bewegen uns durch das typische Portwein-Anbaugebiet Alto Douro und sind überwältigt von den schier endlosen Weinbergen, so weit das Auge reicht. Beschreiben ist sinnlos, man muss es tatsächlich mit eigenen Augen sehen. Unerlässlich ist dabei der Halt im bekannten Ort Pinhao am Ufer des Flusses Douro. Er geniesst seinen Bekanntheitsgrad wegen den kunstvollen Azulejobildern im und am Bahnhofsgebäude. Auf insgesamt 25 Keramikfliesen sind regionaltypische Landschaften und Szenen aus der Weinlese dargestellt. Dieser Besuch ist ein absolutes Muss wenn man nach Pinhao reist.

Unter Azulejo versteht man ein Bild aus zumeist quadratischen, bunt bemalten und glasierten Keramikfliesen, das seinen europäischen Ursprung in Spanien und Portugal hat und dort hergestellt wird. Diese wetterfesten Fliesen sind in diesen Ländern fester Bestandteil des Stadtbildes und werden an öffentlichen Monumenten und Gebäuden, Hausfassaden und Kirchen, aber auch an Innenwänden zu oftmals künstlerischen Wandbildern zusammengefügt (Aus Wikipedia).

Seien es die portugiesische Weinlandschaft oder einfach die Weiten der gebirgigen Natur im Norden, Portugal haben wir relativ schnell ins Herz geschlossen. Nun sind wir gespannt auf die südlichere Region, der wir nun immer näher kommen. Unsere erste Erfahrung in südwestlicher Gegend, in  Outeira do Louriçal auf dem Camping hält sich indes in Grenzen. Den holländischen Platzbetreibern können wir für ihre Darbietungen nicht wirklich ein Kränzchen winden, schon gar nicht nach der gemachten Erfahrung in Vilartao!

 

Da stehen wir doch lieber frei auf dem Hafengelände im Fischerdorf Pedrogao, wo bereits die winterliche Ruhe eingekehrt ist. Ab sofort sind diese Örtchen für die nächsten Monate den Wohnmobilisten „älteren Semesters“ vorbehalten, da gehören wir doch gerne dazu!!

 

Seit geraumer Zeit zählt das Rauschen des Meeres endlich wieder zu den uns vertrauten Geräuschen, übrigens das schönste Wiegenlied zum Einschlafen.

Eins steht fest: Portugal ist bei uns im Handumdrehen auf der Gewinnerseite gelandet. Dazu gesellt sich ausserdem der angenehme, nicht unwichtige Nebeneffekt, dass wir Ende Oktober ohne Socken und in kurzen Ärmeln unterwegs sein können: z.B. per Rad ins Nachbarfischerdorf Praia da Vieira.  Was wollen wir also mehr?

Hier in Pedrogao am brausenden Meer, da gefällt’s uns sehr!


Seid herzlich gegrüsst aus dem schönen Portugal