Im Zickzack durch den südlichen Zipfel

Nach den kulturellen und anderen erfreulichen Erlebnissen gilt es nun, die elektronische Pendenz in Angriff zu nehmen. Wir verlassen deshalb unseren Logenplatz am Hafen in Siracusa und machen uns auf die Suche nach einem Platz mit unbeschränktem WIFI Internet-Zugang. In Marina di Ragusa, auf dem „Marina Caravan“ wird das auf der Webseite Versprochene auch eingehalten (trifft nicht immer zu!) Innert nützlicher Frist hängt der Mac am Kabel und arbeitet sich durch die Neuinstallation. Nach gut 3 Stunden ist der Spuk vorbei und meine Schreib- und alle damit zusammenhängenden Pflichten sind wieder Teil von mir, juhui! Als Erstes wird sogleich das Backup gestartet - die in den letzten Tagen gemachte Erfahrung brauche ich definitiv kein zweites Mal! Entspannt setze ich mich mit dem Buch an die Sonne, denn vor unserem Haus ist es fast sommerlich warm und ganz klar kein Schreibwetter. Barni hat unterdessen die Schraubenkontrolle am Garagengestell vorgenommen und korrigiert was es zu korrigieren gibt. Es leben die katastrophalen Strassenzustände! Für den zufriedenen Tag belohnen wir uns mit einem Grill-Znacht und danach beginnt mein Nacharbeiten des Bürokrams – voller Freude übrigens.

 

Auch in Sizilien können sich Regen, Windstürme, leichte Hagelschauer und Sonnenschein abwechseln. Dann ist es Kunst, die notwendige Einkaufstour zum Markt und Supermarkt genau dazwischen und im Trockenen über die Bühne zu bringen. Der Windsturm mit der nächsten drohenden Ladung schiebt uns förmlich nach Hause, so dass die Einkaufstaschen immer etwas Vorsprung haben.

 

Irgendwie bleiben wir erstmals länger hängen auf dem Marina Caravan in Marina di Ragusa, wo wir uns schon fast heimisch fühlen. Da ist der lustige schwarze Kater Figaro, der seine Freude an der Wäscheleine hat, die Barni am Waschtag montiert. Und ist es nicht die Wäscheleine, kann es schon mal eine kleine Eidechse sein, mit der er sein Spiel treibt, um sie anschliessend zu verschlingen ....

 

Das ca. 25 km entfernte Ragusa besuchen wir per Bus, vorausgesetzt die Bushaltestelle wird auch gefunden!! Die Beschreibung unseres Camping-Chefs hat sich nicht ganz bewahrheitet und längst nicht jeder Fussgänger im Ort weiss auch wo der Bus genau hält ... Wir schaffen es dennoch und stiefeln an dem eher trüben Tag durch die Altstadt, die aus dem alten Stadtteil „Ibla“ und dem Neueren „Città di Ragusa“ besteht. Auch hier finden sich Kirchen zu Hauf, und viele von ihnen gehören dem UNESCO Welterbe an. Die Bus-Rückfahrt bzw. die Ankunft am Abend gestaltet sich ähnlich interessant wie der Einstieg am Vormittag. Einsteige- und Aussteigeort sind keineswegs identisch. Will heissen,  wir haben null Ahnung wo genau wir uns befinden. Egal, hier ist scheinbar Endstation und wir orientieren uns ganz einfach an der Meerpromenade für den Heimweg – tja, andere Länder andere Sitten.

 

Auf den grauen, feuchten Tag folgt jeweils wieder ein Sonnentag und das Fahrrad kommt zum Einsatz! Z.B. ins benachbarte Scicli, das zum UNESCO Welterbe zählt oder zum Castello Donnafugata. Seine erhöhte Lage und die Entfernung fordern ziemliche Ausdauer und das Castello hält sich bis im letzten Moment im Hintergrund versteckt. Am Ziel angekommen wussten wir warum der Platzchef so ehrfurchtsvoll reagierte, als er von unserem Vorhaben hörte. Wir genehmigen einen wohlverdienten Imbiss in der Bar beim Castello. Das nahende Gewitter lassen wir vorbeiziehen und währenddessen serviert uns der Chef einen Versucher seiner köstlichen „Caponata“, ein typisch sizilianisches Gemüsegericht. Einmal mehr beeindruckt uns die typische, liebenswürdige  Gastfreundschaft. Dafür ist inzwischen das Castello für die Besichtigung geschlossen, Pech! Immerhin, das Abwarten des Gewitters hat sich (fast) gelohnt. Nach der ersten Schussfahrt stehen wir wohlweislich nochmals unter in einem einsam stehenden Gebäude. Trotzdem pedalen wir später wieder im Regen und kommen doch eher feuchtnass zu Hause an.

 

So verfliegen die Tage mal mit Aktivität auf dem Velo, per Pedes oder mit dem Bus. Eine weitere Variante bildet das Wäsche waschen. Dabei ist die besondere Herausforderung der sogenannte Freiluft-Tumbler sprich Sonne ohne Regenschauer und Gewitter. Mit Glück und guten Nerven bringe ich alles unter einen Hut hier im Marina Caravan. Das ist gut so, denn eine Waschmaschine ist längst nicht immer verfügbar und Tumbler kennt man auf Sizilien gar nicht wie es scheint.

 

Bevor wir hier Wurzeln schlagen zieht es uns weiter, wollen aber im südlichen Zipfel noch verweilen. Angenehm war es bei den beiden jungen, aufgestellten Chefs im Marina Caravan Camping. Wir sprechen ihnen für den sauberen Platz und ihre Organisation unser Kompliment aus und beide strahlen.

 

Fast zeitgleich mit unserem Aufbruch ist das Wetter ebenfalls bereit für die ersten Regentropfen. Modica erleben wir deshalb bei eher feuchter und grauer Stimmung. Dennoch ist der kleine, vom Tourist Office empfohlene Rundgang und der Duomo S. Giorgio beeindruckend. Auf die übrigen, zahlreichen Kirchen verzichten wir für heute. Den Platz für die Übernachtung suchen wir am Hafen in Marzamemi auf. Die Abfall-Unordnung gibt leider kein so idyllisches Bild ab.

 

Erholsam war die Nacht hier allemal und der Tag begrüsst uns mit Sonnenschein und blauem Himmel. Unter den Sehenswürdigkeiten Siziliens ist Barni auf einen besonderen Leckerbissen gestossen. Das Naturreservat Vendicari im Val di Noto ist ein Vogel- und Landschaftsschutzgebiet und gilt als wichtigster Vogel-Rastplatz im Mittelmeerraum. Wir befinden uns zufällig bereits in nächster Nähe und verbringen 3 Stunden in dieser herrlichen Naturlandschaft. Keine Touristen, nur wir und unendlich viele, knallgrüne Eidechsen die sich sonnen. Flamingos und Löffler die in den Dünenseen nach ihrem Futter suchen – und auch finden, wie wir beobachten können. Ein wahres Paradies für die Lebewesen die hier während einer bestimmten Zeit ihr zu Hause haben, denn im Sommer trocknen diese Seen vollständig aus.

 

Was man sich ebenfalls nicht entgehen lassen sollte bei einem Aufenthalt im Süden Siziliens ist die Stadt Noto. Wir beziehen deshalb den Camping in Lido di Noto, wo wir Mutter Seelen allein 2 Nächte stehen. Dies auf Empfehlung des Chefs in Marina di Ragusa; unsere Begeisterung hält sich zwar in Grenzen was das Preis-Leistungsverhältnis angeht. Sehr besonders sind bestimmt die Duschen, halbwegs im Freien und nur mit wehendem Vorhang.... Dafür können die Zitronen direkt neben dem Brausekopf gepflückt werden!!

 

Ohne Noto hätten wir wahrhaftig etwas verpasst. Eingangs der Altstadt dürfen wir bei einem Ristorante unsere Fahrräder abstellen, damit wir zu Fuss durch die Altstadt streifen können. Es erwartet uns eine wahrlich geballte Ladung an immensen historischen Palazzi, im Stil der sizilianischen Barockkunst. Die gewaltige Kathedrale bildet das Zentrum und übertrifft als Bauwerk nahezu alles bisher Gesehene. Keine Fotoaufnahme kann den Eindruck vermitteln den man beim Davorstehen verspürt. Was sind wir doch für winzige, unbedeutende Staubkörnchen auf unserem Planeten.

 

Auf dem Heimweg machen wir einen Stopp beim Geschäft für typisch sizilianische Produkte und werden tatsächlich fündig: die feinen „Paste Mandorle“, die wir vom Markt in Siracusa kennen! Der goldene Schlusspunkt dieses Strahle- und Kulturtages setzt die Freiluftdusche unter dem Zitronenbaum!

 

Die unendlichen Zitronenbäume gehören übrigens vor allem hier in die Gegend, genau so wie die teilweise Flächen deckenden, Gemüsetreibhäuser. In den Tunnels, wie sie auch hier genannt werden, gedeihen Auberginen, Zucchetti, Peperoni oder Tomaten. Ebenso sind Artischockenfelder zu sehen bis zum Abwinken.

 

Der südlichste Ort von Sizilien ist Portopalo di Capo Pàssero, wo wir als Nächstes hinfahren. Die Strassenführung durch die Gassen wird für den Chauffeur zur veritablen Herausforderung, bis wir am gesuchten Fischereihafen angelangt sind. Hier geht es zu und her wie an der Börse. Die frischen Fänge werden hauptsächlich Kistenweise sowohl an den Mann wie an die Frau gebracht. Beeindruckend ist der absolut ruhige und fast wortlose Verlauf dieses Prozederes. Wir stellen uns direkt am Hafen hin und haben Aussicht auf die schier unzählbaren Fischerboote der unterschiedlichsten Gattungen. Ein perfektes Nachtlager, das uns Franca und Giorgio in Giardini-Naxos verraten haben.

 

Marina di Modica ist unter den erfahrenen Campern ebenfalls ein lohnenswerter Ort um frei und direkt am Meer zu stehen. Wir  wollen uns das nicht entgehen lassen und es zeigt sich uns ein spektakuläres Meeresschauspiel. Kitsurfer sind keine zu sehen, was darauf hindeutet, dass der herrschende Wellen- und Sturmgang bereits unter Extremstufe geht. Bewegung ist das Thema und so wandern wir dem Meer entlang nach Sampieri in die vermeintliche Grossstadt! In der einzigen Bar am Kreisel genehmigen wir ein Gläschen, ansonsten ist mehr als tote Hose im Ort. Im Laufe des Nachmittags vom Samstag leert sich der Platz in Marina die Modica allmählich, da er am Sonntag den Marktfahrern gehört. Wir verschieben uns ebenfalls auf den benachbarten Platz eine Strasse weiter, wo bereits der drahtige St. Galler mit seinem VW-Bus Stellung bezogen hat. Er ist von der ganz besonderen Sorte: seit 25 Jahren ist er mit seinem 34-jährigen VW spezial auf Achse und mit dabei das nötige Ersatzteillager. Er erzählt, dass er vom Rheintal bis Genua schon mal 6 Pannen zu bewältigen hatte, oder er musste unterwegs den mitgeführten Ersatzmotor einbauen. Er scheint in der Tat ein wahrer Lebenskünstler zu sein der es sich einrichtet, ganz wie es für ihn stimmt. Geheizt wird mit Holz, ob es den direkten, eingeräucherten Nachbarn genehm ist oder nicht, na ja!