Zu Besuch in Frankreich

Der erste Sommer in unserem „fahrenden“ Leben gestaltet sich aus verschiedenen Termingründen in der Schweiz etwas zickzackmässig. Bis zum nächsten CH-Aufenthalt bleiben uns ca. 2 Wochen, die wir in Frankreich verbringen. Als Hauptgrund bietet sich dazu der Besuch in Paris an, wo Barnis Gotte zu Hause ist. Ihre 93 Jahre lassen für unser Vorhaben keine grossen Verschiebungen mehr zu. Kommt hinzu, dass wir äusserst gerne in Frankreich unterwegs sind.

Nach dem ziemlich turbulenten, mit Terminen gespickten Wochenende, starten wir am Dienstag westwärts via Jura und verlassen die Schweiz in Boncourt. In Vesoul verbringen wir den Abend auf einem hübschen Campingplatz am See, wo wir mit Spannung das WM-Spiel CH-Argentinien verfolgen, das leider knapp daneben ausging. Trotzdem sind wir stolz auf die CH-Natikickers. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass ich es verpasse von der idyllischen Umgebung ein Föteli zu knipsen, sorry! Das quakende Wiegenlied der Frösche in unmittelbarer Nähe ist recht speziell!

Nach dem Frühstück nehmen wir Kurs Richtung Chaumont und erfreuen uns an der Weite des Landes, den unendlichen Kornfeldern und fühlen uns frei wie nie. Ein scheinbar historischer Ort winkt bereits aus der Ferne vom Hügel und gemäss Karte müsste dies der Ort Langres sein. Keine Ahnung haben wir, noch nie davon gehört – drum nichts wie hin und schauen.  Wir geniessen es, so aus dem Bauch und dem Gefühl heraus die Entscheidung zu treffen. Unverhofft lernen wir ein hübsches, uns bisher unbekanntes Städtchen kennen. In Chaumont finden wir später unerwartet den Camping municipale, anstelle eines Parkplatzes, den wir eigentlich suchten um die SIM-Karte fürs Internet zu kaufen. So bleiben wir für die Nacht hier und machen für den Internet-Zugang den Spazier ins Städtchen. Innert nützlicher Frist haben wir was wir suchten, ausser dem Brot und dem Ricard. Sei es Zufall oder Fügung, auf meine Frage wo wir Brot und Ricard finden, erklärt uns der nette Herr, dass der „Pastis Henri Baldrouin“ um ein vielfaches besser ist als der Riccard. Wir wollen es prüfen und können es später bestätigen!

Chaumont ist eine Entdeckung mehr, auf die wir weder gefasst waren noch stand sie bei uns auf der Erlebnisliste. Das ist das Wohlfühlgefühl vom Zigeunerdasein, das uns so ungemein gefällt!

Am nächsten Tag soll unser Überraschungsbesuch bei Barnis Gotte in Paris (Mitry-Mory) über die Bühne gehen, weshalb der Tagesfahrplan keine grossen Seitensprünge erlaubt. Ein kurzer Halt auf der Autobahnraststätte liegt drin für einen kleinen Imbiss. Alles läuft gut nach Plan, das Navi führt uns zuverlässig durch den dichten Verkehr. Pünktlich, kurz vor vier finden wir in der parallel verlaufenden Quartierstrasse einen Schatten-Parkplatz, äusserst angenehm bei den hitzigen Temperaturen. Wenig später meldet sich Barni per Telefon bei Ruth, ob sie vielleicht Lust auf St. Galler-Bratwürste hat .... Ja natürlich, kommt die prompte Antwort, die müssen aber an der Haustüre abgeholt werden, verrät er ihr! So findet in kurzer Zeit eine sehr herzliche Begrüssung statt und die Freude ist riesig, was nicht nur an den mitgebrachten Bratwürsten und der CH-Schoggi liegt!! Wir sind glücklich, dass unser Trick ein voller Erfolg wurde, denn bei einer Voranmeldung hätte sie sich allzu grosse Sorgen gemacht, wie sie uns empfangen und bewirten kann. Ihr Geist ist auch mit 93 Jahren überdurchschnittlich wach und jung geblieben, doch der Körper erlaubt inzwischen keine grossen Strapazen mehr.

Von A-Z zufrieden mit unserer gelungenen Aktion  lassen wir uns vom Navi den Weg zurück nach Provins weisen. Etwas KO aber glücklich erreichen wir den Stellplatz und suchen das hübsche Städtchen auf zum Nachtessen. Der sommerlich warme Abend und die unermüdlichen Gesänge der Spyren (Mauersegler) vermitteln das Feriengefühl pur.

 

Das Burgund ist für uns als Weinliebhaber das nächste ausgesuchte Ziel. Kurz vor Auxerre erreichen wir den Stellplatz in Gurgy inmitten der Natur pur, direkt am Ufer der Yonne. Wir geniessen die Ruhe und die vorbeiziehenden Hausboote, die in uns unweigerlich den Wunsch für eine Wiederholung wecken. Bilder und Erinnerungen von unseren Hausbootferien in der Bretagne oder in Südfrankreich mit der abenteuerlichen Etang de Taut-Überquerung werden lebendig!!

Aber auch an Land ist’s schön, zum Beispiel mit dem Fahrrad entlang dem Fluss nach Auxerre radeln, lohnt sich unbedingt. Auf dem Rückweg halten wir noch ein „Schleusenplaver“. Die Italos aus Torino, auf dem Hausboot in der Schleuse, freuen sich darüber und der Schleusenwart verrät uns einige lohnens- und preiswerte Campingorte im Süden des Landes. Am Ende strampeln wir zufrieden heimwärts und finden das Leben wunderbar!

Was dann kommt ist eine andere Gasgeschichte, die uns um den gemütlichen Samstag-Apero bringt. Irgendwie riecht es wieder penetrant nach Gas. Barni nimmt die Spur auf, die er sich am Vormittag selbst gelegt hat – stellt sich später heraus! Sie führt direkt in den Gaskasten, wo scheinbar das Leck ist. Seit heute, denn bei der Gasfilterkontrolle hat sich beim Verschluss unbemerkt eine Dichtung davon gemacht.... Die Suche nach dem Gummiringli beginnt, zieht sich hin und verlangt alles an Kreativität im Sinn von wie komme ich hinter die beiden schweren Gasflaschen an das vermisste, wichtige Stück. Dem Wagenheber und Fantasie sei Dank. Im zweiten Anlauf und nach geraumer Zeit gelingt es endlich – das Ringli ist gefunden und erhält seinen angestammten Platz mit seiner Funktion zurück. Grosses Aufschnaufen, verspätetes Nachtessen aber mit um so grösserem Genuss!

Leises Pissen ist am Sonntagmorgen zu vernehmen, während wir noch in die warme Decke eingekuschelt sind, nicht eben motivierend das warme Nest zu verlassen. Eile haben wir heute keine, wahrscheinlich ist ein Dislozieren nicht wirklich im Programm. Gemütliches Frühstück mit Haubentaucherbeobachtung auf dem Fluss. Gewitterregen und Sonnenschein wechseln sich in gleichmässigen Abständen ab. Dazwischen macht es mal den Anschein, dass unser Satellit vom Gewitter zu stark geschüttelt wurde, so gemein, exakt auf den Wimbledon-Final. Rechtzeitig ist alles wieder im Lot und wir erwarten mit Spannung das Federer-Djokovic-Duell. Ein wahrer Krimi, der kaum getoppt werden kann, bei dem sich Federer letzten Endes trotz seiner Topleistung geschlagen geben muss. Mit dem abendlichen Spaziergang durch das ruhende Dörfli lassen wir den Sonntag ausklingen.

 

Ausserdem haben wir ganz nebenbei bemerkt, dass sich ein weiteres Kühlschrankdesaster anbahnt. Der Gasgeruch nimmt extrem zu und die Kühlung lässt im Gegenzug immer mehr nach! Die Schlussfolgerung: bis zu unserem Termin am 22.7.14 beim Lieferanten, kann der Kühlschrank nur entweder mit 12V während der Fahrt, oder 230V beim Stehen betrieben werden. Das kommt uns irgendwie bekannt vor!

Zur Abwechslung starten wir das Morgen-Programm von hinten nach vorn. Heisst, wir verschieben uns nach vorne um das Abwasser zu entsorgen, infolge platschvoller Tank. Das Ganze rückwärts wieder auf den Platz für Frühstück und Morgentoilette. Beim Schwatz mit dem Nachbar, der ein grosser Vogelliebhaber ist, füttern wir die Schwäne am Yonne-Ufer. Immer wenn es zu Hause langweilig wird entflieht er, der Nachbar, mit Frau und Hund im Wohnmobil. Mit seinen 81 Jahren sieht er dies durchaus als ein Geschenk. So gesehen ist uns also noch ein langes Reiseleben gewiss!

Weiter geht die Reise ins nahegelegene Chablis, den Namen den wir lediglich im Zusammenhang mit gutem Weisswein kennen. Es ist Ehrensache, den edlen Tropfen an Ort und Stelle zu kosten.

Leider hat sich inzwischen das Regen-Nass eingelassen und es gibt keine Fotoaufnahme von dem legendären, sympathischen Wein-Städtchen. Die ungemütliche Wetterstimmung treibt uns bald weiter, ohne Sonne macht es einfach keinen Spass. Die Fahrt nach Montbard dauert ca. 1 Stunde, durch typische französische, einsame Dörfer und an unendlichen Korn- und Sonnenblumenfeldern vorbei. Einmal sehen wir sogar einen Hasen auf dem Stoppelfeld davonhoppeln. In Montbard suchen wir den Camping Municipal les Treilles auf, wo endlich die Wäsche dran glauben muss, und der Kühlschrank braucht dringend Strom.

Ein vielseitiger Tag beginnt zuerst recht heiter, wechselt später allerdings etwa im Halbstundentakt zwischen Platz-Gewitterregen und Sonnenschein. Während ich meine Wäschegänge abspule nimmt sich Barni der Heckfläche an, die mit tausenden von Teerspritzern bedeckt ist. In den ersten Frankreichtagen wurden wir auf einer Strasse von losem Splitt und Teer überrascht, den es knallhart an die Karrosserie spritzte. Ein Ausweichen war unmöglich und das Ausmass ist beträchtlich.

Unter dem Vordach trocknet die Wäsche vor sich hin und wird zwischendurch erneut befeuchtet! Barni ist seinerseits gefordert und entleert laufend mit dem Schirm den Wassersack der sich vom heftigen Platzregen bildet auf dem Vordach. Jedenfalls sind heute keine grossen Sprünge erlaubt, damit wir die Situation überwachen können.

Dennoch vertreten wir uns später die Beine in Richtung Centre Ville. Lohnenswert ist es in erster Linie für die Bewegung. Das Städtchen wirkt auf uns ziemlich verwahrlost, etwas Liebe und Pflege wäre ihm gut bekommen ... . An der Ecke in der Bar genehmigen wir vor dem Nachhauseweg ein Gläschen. Für den Miniatur-Wochenmarkt werden eben ein paar wenige Stände aufgestellt. Wir profitieren und kaufen spontan von den ultrafeinen, knackigen Kriesi, Eier, fangfrische Forellen, Chablis-Weisswein und Geissechäsli. So hat sich unser kleiner Ausflug dennoch gelohnt.

Eigentlich wollten wir nicht und schliesslich entscheiden wir uns doch kurzfristig für das Weiterziehen. Kurz vor Mittag verlassen wir Montbard um nach Dijon zu fahren. Einigermassen oder so häpp chläpp verhält sich das Wetter anständig. Vom Stellplatz in Dijon nehmen wir den Bus und befinden uns nach drei Haltestellen in Mitten der interessanten Stadt. Wir sind überrascht ob den unerwarteten Bildern die sich vor uns auftun, denn eigentlich hatten wir keine wirkliche Vorstellung von Dijon – der Senfstadt! Selbstverständlich beginnt es bald zu regnen als wir unterwegs sind und wir kehren auf ein Gläschen ein. Am Nebentisch sitzt ein Kanadierehepaar aus Ottawa, das per Velo von Strassbourg nach Lyon radelt, na prost bei den Wetteraussichten. Sie nehmen es ziemlich locker und wir führen eine angeregte, amüsante Erfahrungsunterhaltung. Eine sympathische Begegnung und wir werden wieder einmal beneidet um unsere Lebensart!

Unser Weg ist wie immer auch unser Ziel, doch Mitte des Monats ist abermals die Schweiz auf dem Programm. Darin liegt auch der Grund, dass wir uns langsam aber sicher an die CH-Grenze herantasten. Zum relativ unspektakulären Halt in Auxonne an der Saône  brauche ich keine grossen Worte zu verlieren, denn weder Wetter noch der Ort geben wirklich Anlass dazu. Die Versprechungen im Führer erweckten bei uns grössere Erwartungen. Da ist einzig die Saône-Stimmung mit dem Hafen und den am Ufer parkierten Hausbooten, was zweifelsfrei auch bei trübem Regenwetter ein hübsches Bild abgegeben hätte!

Wir bewegen uns weiter via Besançon nach Ornans an der Loue, die sich mit beängstigend hohem Wasserstand präsentiert. Der Camping le Chanet klebt etwas am Hang und unsere Platzwahl erweist sich als nicht ganz einfach. Auf dem geteerten, wenig attraktiven Terrassenplatz richten wir uns ein, denn bei dem ebenso unattraktiven Wetter spielt die Aussicht eh die Nebenrolle.

Nichts desto trotz, Ornans ist auch bei tristem Himmel eine Erkundungstour wert, der stete Begleiter ist unser Knirps.

Am Sonntag ist mit Ach und Krach gar die zweieinhalbstündige Tour zum Chateau möglich, mit der Rundtour über die abenteuerlichen Felsen zurück ins Städtchen. Über alles gesehen haben wir unsägliches Glück, denn kaum sind wir zu Hause angekommen und Barnis Haarschnitt ist wieder ins richtige Licht gerückt, macht sich der nächste Regenguss bereit zum Ausleeren! Unser Timing ist mal wieder aufgegangen.

 

Bevor wir die Weiterfahrt in die Schweiz antreten, lassen wir unseren kurzen Frankreich-Aufenthalt Revue passieren: Die Reise führte uns von der Schweiz durch die Regionen Franche Comté, die Champagne, l’Île de France, das Burgund und wieder zurück durchs Franche Comté. Jede der genannten Regionen vermittelt die Grosszügigkeit des Landes mit ihren typischen Naturbildern. Die immensen Weiten mit den Reben im Burgund oder die Flächen von Getreide- und Sonnenblumenfeldern, die manchmal bis an den Horizont reichen. Oder man passiert, wenn man wie wir meistens die Autobahn meidet, abgelegene, einsame Dörfer, wie sie nur hier zu sehen sind. Dabei haben wir oftmals das Gefühl, sie könnten jederzeit die authentische Kulisse für Dreharbeiten eines Kriegsfilms abgeben.

 

Nach dem Grenzübergang in Verrière, im noch wilden Val de Travers befinden wir uns wieder in der heimatlichen Schweiz. Erstaunlich, wie dies sogleich spürbar ist, obschon sich die Landschaft von der französischen Seite nicht stark unterscheidet.

 

Auf bald - wir tauchen kurz ab in die Privatsphäre und wünschen von Herzen eine tolle, erholsame Ferien- und/oder Reisezeit!