Im "Vollschiff" der Sonne entgegen!

Im Natur verwöhnten Thüringen liegt Bad Frankenhausen, rund eine Stunde entfernt von Erfurt, in nordöstlicher Richtung. Die eingesetzte Regenpause nutzen wir für einen Besuch im Thermalbad, dem auch der gegenüberliegende Stellplatz angehört. Der Regen fällt derart ausgiebig, dass die Feuerwehr bis zum Anschlag zu tun hat. Bei unserer Rückkehr staunen wir nicht schlecht als uns der Nachbar auf dem Stellplatz erzählt, dass das Wasser bis knapp unter unsere Treppe reichte! Die Strasse, die vor unserem Auto vorbeiführt gleicht eher einer Wasserstrasse und wir verschieben uns vorsichtshalber in die hintere Stellplatzreihe!!

Der Ort Bad Frankenhausen verfügt übrigens über den noch schieferen Turm als sein Kollege in Pisa. Wegen des schlechten Wetters bleibt uns aber ein wirklich gutes Foto verwehrt. Die nassen, ungewohnten Verhältnisse treiben uns in die Flucht, Kyffhäuserdenkmal und Barbarossahöhlen hin oder schiefer Turm her. Weiter nordöstlich, im Nationalpark Unteres Odertal, nahe der polnischen Grenze verspricht die Wetterprognose nämlich warme Temperaturen und Sonnenschein pur. Wozu haben wir schliesslich Räder an unserem Haus ??

Der intensive Regen so quasi Vollschiff, begleitet uns während fast vier Stunden, bis wir nach Berlin endlich den sich zusehends aufhellenden Himmel sichten.

Schwedt/Oder, die Nationalpark-Stadt liegt an der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstrasse. Diese verläuft parallel zur Oder und bildet auch Teil der Auenlandschaft. Der Stellplatz des Wassersportzentrums, direkt am Flussufer bietet alles was man sich für ein zufriedenes Camperleben vorstellen kann. Noch heute Vormittag wagten wir in keinster Weise zu träumen von einem Grillznacht in kurzen Hosen! Da wir flexibel sind nehmen wir natürlich den wiedergefundenen Sommer dankbar an. Wir nutzen ihn die nächste Zeit unter anderem für’s Radfahren bis zum Abwinken, entlang der Auenlandschaften des Nationalparks.

Speziell ist auch die geführte Kanutour über 11 Kilometer Länge! Sie bleibt nicht ganz ohne Nachwehen, denn 2x müssen die Boote aus- und wieder eingewassert werden um das Gewässer zu wechseln .....

Herr Pätzold führt in seinem jungen Alter bereits seit sieben Jahren durch die geschützten Gewässer, und er tut es mit Herzblut. An den besonderen Stellen lässt er die Bootsgruppe immer wieder um sich versammeln, berichtet uns über Pflanzen- und Tierwelt oder holt einen jungen Deichfrosch aus dem Wasser. Diesem gefällt es sichtlich, eine ganze Weile auf dem Kanu zu sitzen und von uns bestaunt zu werden. Spannend, wie viel Leben sich in den verwilderten Gewässern bewegt. Wir greifen nach Deckelschnecken die sich auf den Seerosenblättern festsaugen, und an Stellen mit niedrigem Wasserstand tauchen wir ab (mit der Hand!), um grosse Muscheln aufzugreifen und sie aus der Nähe zu betrachten. Immer wieder müssen wir mit den Booten durch Schilfdickicht oder über den grünen Wasserpflanzenteppich paddeln. Gar nicht so einfach dafür ganz schön anstrengend. Vermutlich muss die Tour bald schon geändert werden weil es kein Durchkommen mehr gibt. Hier hat zum Glück die Natur Vortritt, denn man lässt sie gewähren wie sie es will. Darin liegt auch der Grund, warum die Kanu- und Bootstouren zu Recht nur geführt möglich sind.

Bei einem idyllisch eingerichteten Insel-Rastplatz gibt es eine verdiente Pause um den mitgebrachten Mittagsproviant zu verzehren. Ganz so unglücklich sind wir dabei nicht, den Kirchturm und die Brücke von Schwedt zu erblicken. Lange kann die Rückfahrt also nicht mehr dauern, die Arme freuen sich zweifelsfrei aufs Ankommen im Hafen! Zuvor heisst es allerdings nochmals, unsere schwimmenden Untersätze aus dem Wasser zu heben und über den Damm zur Friedrichsthaler Wasserstrasse zu tragen die zum Bootshafen führt! Danach bin ich fix und foxi, freue mich auf ein Weizenbier und darauf, dass meine Küche heute Ruhetag hat!

 

Einer unserer Veloausflüge führt uns ins benachbarte Criewen wo wir das Nationalparkhaus besuchen. Völlig fasziniert vergessen wir absolut jede Zeit. Dem Besucher wird auf einfallsreiche Weise über die Lebensräume und ihre Bewohner berichtet: unterschiedliche Fischarten sind im Aquarium, ultrakleine Lebewesen unter dem Mikroskop zu sehen, oder die Multimediashow die voraussagt, wie sich die Naturlandschaft bis in hundert Jahren entwickeln wird. Ein grosses Kompliment für die beeindruckende Arbeit die hier geleistet wird.

 

Ein andermal treffen wir im Städtchen vor dem Touristoffice auf den sympathischen Ulmer-Radfahrer. Er ist seit diesem Monat Rentner. Am 1.8. hat er seine bisher geträumte Veloreise von Ulm über das Erzgebirge mit dem Ziel Ostsee gestartet. Mutterseelenallein unterwegs, braungebrannt und mit zufriedener Miene erzählt er uns aus seinem Veloalltag – spannend! So entwickelt sich in kurzer Zeit ein interessantes Gespräch unter ähnlich gesinnten „Spinnern“, die sich dabei auch noch wohl fühlen!!

 

Ja, ab und zu ereignen sich selbst bei uns, nicht gar erfreuliche Dinge! Z.B. wenn Barni’s Nasenvelo beim Velofahren zu Boden fällt, weil er eine lästige Mücke vertreiben will ..... Das Pikante daran: die neue Brille hat noch keinen Monat auf seiner Nase verlebt! Die Gläser haben den Sturz zwar überstanden, doch das Linke hat einen argen Kratzer abgekriegt. Der Optiker in Schwedt kann den Schaden innerhalb einer Woche wieder richten, gegen entsprechenden Entgelt, versteht sich ;-))))

Ein anderes Beispiel ist (schon wieder) Barni’s Blasenentzündung die sich zwei Tage nach der Kanutour auf äusserst massive Weise bemerkbar macht. So kommt es, dass wir mit der Notfallambulanz vom Krankenhaus in Schwedt/Oder Bekanntschaft machen und dadurch eine weitere Woche hier verbringen. Ausser den heftigen Schmerzen von Barni die damit verbunden sind,  ist das keine grosse Strafe für uns. Gut Ding will schliesslich Weile haben, doch inzwischen erfreut sich der Patient wieder bester Gesundheit.

 

Fortan geniessen wir von Neuem alles was möglich ist. Dazu gehört das immer noch anhaltende Sommerwetter, sowie die Natur- und andere Schönheiten hier im Nordosten Deutschlands.

 

Bis bald, seid herzlich gegrüsst!