Aus ist es mit der Auszeit und der One-Man-Show – jetzt geht der harte Reisealltag wieder los .... und für mich das Nachholen jeglicher Schreibarbeiten. Obschon ich meine Tage der Abwechslung in jeder Hinsicht genossen habe, so verspüre ich dennoch ein Glücksgefühl, wieder mit dem kompakten, rollenden Heim auf Achse zu sein. Die vertraute Begleitung spielt dabei natürlich eine wesentliche Rolle .....
Uns zieht es für die nächsten Wochen in den Norden und zwar via Beneluxländer, die vor allem für mich absolut unbekannt sind.
Über Bad Säckingen kehren wir zurück ins Elsass über den Col de la Schlucht nach Gérardmer. Richtig, letztes Mal war hier ein Halt nicht denkbar infolge Touristenauflauf. Nun hat sich die Lage wieder beruhigt und der Übernachtung auf dem Stellplatz im Städtchen steht nichts im Weg. Weiter geht die Fahrt in allgemeiner Richtung Luxemburg, wobei wir einen Teil Frankreichs kennenlernen der uns völlig fremd ist. Flach, ohne bergige Erhebungen mit viel Landwirtschaft. In Sierck les Bains, kurz vor der Grenze zu Luxemburg bleiben wir auf dem Stellplatz. Das kleine Städtchen erscheint uns etwas vernachlässigt, der Besuch des Schlosses hingegen ist ein erfreuliches Erlebnis.
Der Tag erwacht wiederum im hochnebligen Kleid und lässt uns wissen, dass nunmehr der Herbst Trumpf und der Sommer passé ist. Wie auch immer, wir fahren los und machen nach kurzer Zeit den ersten Stopp in Schengen, dem geschichtsträchtigen Dreiländerort. Das kleine Grossherzogtum Luxemburg macht auf uns einen absolut gepflegten, aufgeräumten Eindruck. Gesprochen wird luxemburgisch, französisch und deutsch, wobei die Amtssprache französisch ist. Die Landschaft entlang der Mosel wirkt so lieblich dass wir das Gefühl haben, mit dem Hausboot unterwegs zu sein. In Alzingen, ein Vorort von Luxemburg, beziehen wir den Campingplatz Bon Acceuil und fahren mit dem Bus in die Stadt. Diese ist ein interessantes Gemisch von Modern bis Historisch aber vor allem äusserst sympathisch. Die Preise lassen allerdings darauf schliessen, dass die Stadt eine bedeutende, finanzielle Drehscheibe ist.
Im Nordosten zur deutschen Grenze liegt die „Kleine Luxemburger Schweiz“. Die Strasse die durch das Müllertal führt ist denn auch als sehenswerte grüne Strecke auf der Karte eingezeichnet. Wir bereuen es nicht, doch zum Bleiben ist uns die Gegend zu schattig. Wir fahren weiter nach Berdorf auf den Campingplatz und wollen von dort das sonnige Wetter aktiv angehen.
In diesem Nest hier findet sich zwar weder eine Bäckerei noch sonst eine Einkaufsmöglichkeit, doch für die nächsten zwei Tage sind wir eingedeckt. Wir unternehmen einen ausgedehnten Marsch durch den lichten Wald und Barni vergisst sich mal wieder bei der Pilzsuche! Tatsächlich reicht die kleine Portion Marronenröhrlinge später für ein Salatgarnitürli, und das erst noch im Freien bei Abendsonne.
Beim Erwachen glauben wir im falschen Film zu sein – es regnet doch tatsächlich! Von wegen Sonnenwetter geniessen, der Wetterbericht sah eigentlich ganz anders aus. Es giesst vom Feinsten und das mit dem Aufstehen eilt nicht. Spät am Vormittag lichtet sich aber der Himmel und zeigt blaue Flecken. Dass wir heute die Fahrräder bewegen würden, hätten wir uns nicht träumen lassen. Um so besser, per rasanter Schussfahrt gelangen wir hinunter nach Echternach, dem Hauptort der Kleinen Luxemburger Schweiz. Den Rückweg mag ich mir lieber noch nicht vorstellen .... Am Marktplatz an der Sonne machen wir es wie die Meisten, wir bestellen uns ein Bier. Dann radeln wir weiter zum See, um auf Um-und Waldwegen mal rauf mal runter wieder in Berdorf anzukommen. Für meinen Teil bin ich grad noch vor dem grossen Einbruch im Ziel eingefahren!
Während Barni unsere Stahlfreunde von den waldigen Schmutzspuren befreit, gestatte ich mir eine Lesezeit an der Sonne.
Auf dem Weg in die westliche „Naturecke“ besuchen wir Diekirch, die kleine Stadt mit dem Esel als Maskottchen. Warum ein Esel? Einer alten Sage zufolge waren die Bauern hier früher gezwungen, auf den Esel zurückzugreifen um ihre Felder und die Weinberge am Hang des Herrenberges zu bestellen. Er war das einzige Tier, das sich dort bewegen konnte. Die Esel vom Herrenberg sind verschwunden, doch der Diekirch-Esel, Gott sei gedankt, gebe weiter seine ia-Laute von sich ..... heisst es!
Noch etwas weiter westlich liegt Esch sur Sûre oder zu deutsch Esch an der Obersauer. Mit einer riesigen Bogenstaumauer errichtete man in den fünfziger Jahren eine Talsperre, um den Fluss für die Trinkwassergewinnung zu nutzen. Dies als Folge davon, weil Ende der vierziger Jahre die natürlichen, luxemburgischen Trinkwasserreserven nicht mehr ausreichten. Das Gebiet ist ein einziges grosses Naturreservat, lediglich das Tauchen und das Angeln ist im Stausee erlaubt.
Die Luxemburger verstehen es, Sorge zu tragen zu ihrem schmucken Ländli. Eine wirklich charmante Oase die aus unserer Sicht mehr Beachtung verdient. Wir treffen wie fast immer seit wir unterwegs sind viele Holländer. Für sie ist es logischerweise eine nahegelegene Destination mit den für sie fremden hügeligen Erhebungen. Doch auch die Briten haben wie es scheint eine Vorliebe für die „grossherzöglichen“ Campingplätze.
Mit dem Auf und Ab durch die luxemburgischen Ardennen kommen wir nach Wiltz. Auf dem ruhigen, gepflegten Camping Kaul verweilen wir zwei Nächte und verbringen in lieblicher Umgebung einen genussvollen, sommerlichen Wandertag. Hier hätten wir es auch länger ausgehalten doch langsam sollten wir nordwärts ziehen. Die letzte Station, bevor wir Luxemburg verlassen ist Vianden, das ebenfalls tolle Wanderungen zu bieten hat.
Das war’s im Grossherzogtum, und eins zwei haben wir die belgische Grenze passiert. Damit sind wir im Land der Pommes-Frites angelangt. In Trois ponts kommt es denn auch zu meiner Doppelpremiere: zum ersten Mal in Belgien und die erste Portion Frites mit Mayo in der Friterie am Strassenrand..... Gut war’s, aber die Wirkung entsprechend nachhaltig! Die Frites grüssen mich noch stundenlang .... Durch die belgische Ardennenlandschaft fahren wir weiter mit der Absicht, die Formel 1-Rennstrecke in Francorchamps bei Spa zu beaugapfeln. Daraus wird leider nichts, denn es ist ein Porsche-Rennen im Gang, deshalb ist der Zutritt ins Gelände nur als Zuschauer möglich. Das wollen wir definitiv nicht und suchen den Campingplatz Spa d’Or auf, wo die Infrastruktur durchaus verbesserungswürdig ist.
Mein erster Eindruck von Belgien fällt vorerst verhalten aus, denn nach Luxemburg steht die Messlatte recht hoch. Dazu zählt übrigens auch die Freundlichkeit, die dort überaus gross ist.
Weil mit unserer Terminvorgabe, am 17.9. in Hamburg zu sein der Zeitrahmen gesteckt ist, fällt die Entscheidung relativ leicht.
Auf der Autobahn kommen wir Tags darauf zügig voran und erreichen schon bald die Grenze zu Holland. Die Strassenzustände wechseln damit wieder auf sehr gut und ich verspüre schon jetzt mehr Sympathie für dieses Land als für Belgien. Auf einem Parkplatz, irgendwo zwischen Maastricht und Venlo schalten wir eine Fernsehpause ein. Das Töffrennen in Misano und der Tennis-Halbfinal vom Davis Cup in Lausanne liefern Grund genug dazu. Ein Reiheli Ingwerschokolade mit einem Espresso runden das Sportvergnügen ab!
Holland ist meine dritte Premiere auf dieser Fahrt und ich glaub es gar nicht, dass die Landschaft so topfeben sein kann. Ist schon krass für’s Auge, wenn man/frau die Schweiz als Heimat hat! In Assen, dem Motorrad-Mekka schlechthin platzieren wir uns auf dem Stellplatz. Per Fahrrad besuchen wir den TT-Circuit, wo alljährlich Ende Juni der Moto-GP stattfindet. Barni hat dieses Spektakel schon des Öfteren live miterlebt. Ich gebe mich aktuell mit der Vorführung von diversen Hobby-Racern zufrieden, die ihren Traum auf der Rennstrecke leben! Immerhin kriege ich einen Hauch von Eindruck, was hier abgeht, wenn die Profis ihr volles Programm öffnen. Die ganzen Zuschauertribünen und –bereiche gehören uns und wir umrunden die gesamte Rennstrecke mit dem Fahrrad. Die Atmosphäre am Rennwochenende kann ich mir lebhaft vorstellen, bei gutem oder schlechtem Wetter!!
Holland ist absolut ein Land zum gernhaben, seien es die fröhlichen, aufgeschlossenen Menschen, die Landschaft oder der fahrradfreundliche Verkehr. Die Holländer ohne ihr Fahrrad sind völlig undenkbar. Keine Ahnung, doch vermutlich erblicken sie schon das Licht der Welt damit. Ihre altertümlich aussehenden Stahlesel haben meistens keine Bremse, das übernimmt der Rücktritt. Die Velofahrer sind definitiv die bedeutendsten Verkehrsteilnehmer in Holland. Als Fussgänger droht einem eher von ihnen Gefahr als von den Automobilisten. In rasanter Fahrt pedalen sie flott durch die Stadt, während telefoniert, gegessen oder geraucht wird. Das Alter oder die Garderobe spielt dabei auch keine Rolle. Die Krawatte kann flattern genau wie die ältere Dame die Pedalen mit den Stögis durchtreten kann ..... Durch Groningen haben wir auf unseren „exotischen“ Zweirädern inmitten des fahrradfahrenden Arbeitsverkehrs mitgehalten, was von uns ordentlich Aufmerksamkeit abverlangte. Noch nie in meinem nicht mehr so kurzen Leben habe ich mehr Velos (Fietsen) gesehen als in den letzten Tagen, ein Wahnsinn. Aber Achtung, alles läuft mehr als diszipliniert ab und die Regeln werden genau eingehalten, alle haben es im Griff.
Das warme Sonnenwetter in Holland dauert weiter an. Wie wir von einem Herrn auf dem Marktplatz in Groningen erfahren, erfreuten sie sich an einem extrem beständigen, heissen Sommer. Glück für uns, wir profitieren und kompensieren das, was wir weiter südlich verpasst haben .....