Zurück im Alltag!!

Nach all unseren Pflicht-Terminen bezüglich Mensch und Maschine nehmen wir per Anfang des Monats unseren wahren Reisealltag wieder auf. Südwärts zieht’s die Zugvögel noch nicht, dafür herrscht noch zu viel touristisches Treiben! Wir halten lieber nordwärts, nicht zuletzt in der Hoffnung auf kühlere Temperaturen ......  Diese zu finden ist denn bereits die erste Herausforderung!

Eines unserer bevorzugten Ziele ist das Thüringer Land, doch hier sind ebenso südliche Verhältnisse mit extremem Schwitzen angesagt. Trotzdem, wir wollen die Gegend der Mitte Deutschlands und ihre geschichtlichen Hintergründe erforschen. Der Freistaat Thüringen hält eine geballte Ladung an Kultur und Natur bereit.

Auf dem Campingplatz „Am Tor zum Hainich“ in Weberstedt könnte man locker längere Zeit verweilen. Der Hainich-Nationalpark weist eine Fläche von 7500 ha Buchenwald auf und gehört seit 2011 zum UNESCO-Weltnaturerbe „Buchenwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“. Hier, auf den Freiflächen eines ehemaligen Militärgebietes (Kindel) überlässt man die Natur sich selbst, damit sie sich nach und nach zum Urwald entwickeln kann. Das Vergnügen, ihn auf den holprigen Wegen zu beradeln hält sich allerdings in Grenzen, besser wählt man die Wandervariante.

Ein einzigartiges Erlebnis ist dagegen, den Baumkronenpfad zu gehen und sich mit den Baumwipfeln in 42 m Höhe auf Augenhöhe zu fühlen. Die kreativen, lehrreichen Beschilderungen der unterschiedlichen Bäume sind in der Ich-Form geschrieben und stellen sich so dem Besucher gleich selbst vor. Auf spielerische Art ist für Weiterbildung gesorgt. So finden sich immer wieder interessante Fragen mit der Antwort zum Aufdecken.

Weißt DU es? wie lange muss eine Buche wachsen, um den durchschnittlichen Sauerstoffbedarf eines Menschen zu decken?

Sie benötigt dazu sage und schreibe 100 Jahre! Wie unverschämt wir Menschen doch sind!

Was mit diesem Pfad und seinem gesamten Projekt an Aufwand und Forschung betrieben wird zum Wohle von Natur, Menschheit und den nachfolgenden Generationen ist schlicht beeindruckend. Der Thüringer-Urwald wird tatsächlich langsam zum Leben erweckt, dank den Menschen die ihn sich selbst überlassen - Gratulation!

Thüringen, das grüne Herz Deutschlands ist immer eine Reise wert, wenn auch nicht unbedingt aus kulinarischer Sicht. Die typischen Thüringerklösse etwa können uns bisher nicht begeistern. Jeder Versuch hat für uns dieselbe Bilanz ergeben: eine fade, schleimige Kartoffelkugel, die zwingend eine würzige Sauce erfordert, absolut nicht unser Ding!

Ein MUSS beim Thüringer-Aufenthalt ist der Besuch der Wartburg in Eisenach. Sie ist Deutschlands bedeutendste Burg aus dem Mittelalter. Hier hat Martin Luther damals während 10 Monaten als „Junker Jörg“ gelebt und das Neue Testament aus einer griechischen Fassung in nur elf Wochen ins Deutsche übersetzt.

Ganz so einfach ist es freilich nicht, während der Reise- und Ferienzeit bei super Sommerwetter einen Platz zu finden, wenn man mit der gesamten Haushaltung anreist! Vor lauter Baustellen und Umleitungen gestaltet sich dies ausserordentlich schwierig. Es kann jedoch nicht sein, dass wir in Thüringen sind ohne diese wichtige Stätte gesehen zu haben. Nicht aufgeben soll gewinnen und so fahren wir zurück nach Bad Langensalza auf den Stellplatz, um anderntags mit den ÖV nach Eisenach zu gelangen! Das schmucke Städtchen Bad Langensalza haben wir von Weberstedt aus mit dem Velo besucht und ist uns deshalb bereits vertraut.

Am nächsten Morgen sind wir vorerst enttäuscht über den grauen Tagesanfang. Uns soll’s recht sein, denn dadurch bleibt der Grossandrang auf der Wartburg einstweilen aus und die Führung durch die Burgräume wird damit zum Genuss. Zumal der junge kompetente Mann es meisterlich versteht, uns durch die einzelnen Räume zu führen und dazu Geschichte und Legenden spannend zu vermitteln. Während des stündigen Rundganges hat es sich die Sonne doch noch überlegt und bald sind wir am Schwitzen wie immer in letzter Zeit. Wir erleben einen veritablen Touri-Tag in Eisenach und geniessen die gut einstündige Hin- und Rückfahrt im Bus, vorbei an unendlichen Getreidefeldern, Wäldern und Wiesen.

Dann wartet 40 km weiter östlich Thüringens Hauptstadt Erfurt auf uns. Vom ideal gelegenen Stellplatz am Stadtrand erreichen wir die Altstadt mit der Strassenbahn in einer knappen Viertelstunde. Erfurt verfügt mit der Krämerbrücke über ein ganz spezielles Wahrzeichen. Sie führt über den Fluss Gera und ist die älteste Steinbrücke aus dem Mittelalter die auch bewohnt ist. Von aussen eine richtige Brücke, doch beim Überqueren wähnt man sich eher in einer Altstadtgasse! Während der 2-stündigen Führung durch die Altstadt hören wir noch so manch Gewichtiges, lebendig vermittelt von einem stolzen Erfurter.

 

Thüringen scheint zur aktuellen Zeit keine wirkliche Feriendestination zu sein, denn der Touristenbetrieb hält sich sehr im Masse – da können wir nur sagen: Freude herrscht!