Im westlichen Zipfel Siziliens

Das Dorf Erice oberhalb Trapani liegt auf 700 müM und ist seit Tagen zwangsläufig der Blickfang. Wir lassen uns mit der Seilbahn nach oben chauffieren um die überwältigende Aussicht zu erleben. Die Fahrt dauert gute 10 Minuten, genügend Zeit um in Ruhe die sich langsam entfernende Salzlandschaft zu studieren. Die Investition für den Transport nach oben macht sich durchaus bezahlt, der Rest ist Touristendurchschnitt. Auch in diesem Ort wäre viel mehr möglich, was die Kulturpflege angeht. Auf die Kirchenbesichtigungen verzichten wir, sie sind auf unserer Italienreise bisher nicht zu kurz gekommen!

 

In Lido di Marausa finden wir direkt am Meer einen geeigneten Platz für die Nacht. Dazu sind wir wieder ein kurzes Stück zurück gefahren, denn weder in Trapani am Hafen noch beim Stadion befriedigen uns die vorgefundenen Möglichkeiten.

 

Heute muss nämlich der Grilleur in Aktion treten für die argentinischen Entrecôtes. Wie heisst es jeweils, die Vorfreude ist am Schönsten und dauert am Längsten. Stimmt genau wie sich herausstellt, denn die beiden super Teile ziehen nur Wasser, nehmen keine Farbe und schmecken scheusslich. Die eigentliche Freude daran finden später die streunenden Hunde!

 

Der Glückstreffer vom letzten Mal mit exakt derselben Wahl, hat sich leider nicht wiederholt. Mit der Beilage in Form eines lauwarmen Zucchetti-Tomatensalat dem noch etwas Thon beigefügt wird (erst ganz zum Schluss!) werden wir schliesslich doch satt!!

 

Für den Altstadtbesuch von Trapani parkieren wir elegant und ideal am Hafen. Fischmärkte und ihr Treiben ziehen uns bekanntlich magisch an. Das vielfältige, farbenfrohe und teils noch lebende Angebot ist das bisher Faszinierendste. Vor allen Dingen zu beobachten, wie die Menschen, sowohl Fischer wie Einkäufer mit den Meerestieren und Fischen vertraut umgehen, kritisch begutachten und verhandeln. Auch wir erstehen uns das Grill-Nachtessen und kaufen Fischtranchen, die der Jüngling mit Messer und Hammer bearbeitet. Die Altstadt erscheint gepflegt und an vielen Gebäuden sind Renovierungsarbeiten im Gang. Nachdem wir uns hier in der Hochburg der Mafia befinden, so wurde es uns gesagt, sollte es am Finanziellen eigentlich nicht scheitern!

 

Die Kathedrale San Lorenzo können wir im wahrsten Sinne des Wortes fünf Minuten vor 12.00 Uhr besichtigen, bevor das Tor bis 16.00 Uhr geschlossen wird. Das Innere der Kirche besteht zum grossen Teil aus dem Marmor, der aus dem nahen Ort Custonaci stammt. Man nennt diesen Marmor auch Perlato de Sicilia (die Perlen von Sizilien). Weiterbildung für uns, denn bisher kannten wir nur Carrara in der Toscana, das für den Marmorabbau bekannt ist.

 

Bevor wir Trapani verlassen und die gestaute Wärme aus unserem Haus lassen, hält ein NL-California neben uns an. Von ihm erfährt Barni, dass er an der Küste in Castelluzzo zwei Nächte verbracht hat und es sei wunderschön dort. Passt wunderbar für uns und entspricht exakt unseren Vorstellungen, die wir für die nächste Übernachtung haben. In Tonnara di Bonagia am Hafen versuchen wir im Vorbeifahren unseren Wassertank aufzufüllen, was sogar gelingt, denn es hat tatsächlich ein Wasserhahn. Der Holländer hat nicht zu viel versprochen mit seinem Tipp. Schliesslich stehen wir zu dritt völlig im Grünen und direkt am Meer in Castelluzzo. Ein Engländer-Van und später kehrt wirklich der NL-California wieder zurück.

 

Bald landet der Fischeinkauf von Trapani auf dem Grill und schmeckt wunderbar zusammen mit dem rohen Fenchelsalat. Die Entdeckung die Barni in der Garage macht, trübt unsere bisherige Euphorie über das Garagegestell. Das Ding hängt in ziemlicher Schieflage und ein Verbindungsteil ist gebrochen. Morgen wartet Arbeit.....

 

In den Morgenstunden weht ein Windsturm über die Ebene in der Art Angriff / Pause / Angriff und das unanständige Schütteln kommt uns irgendwie bekannt vor. Das Garageproblem entpuppt sich als eigentliche Knacknuss! Barni hält alles fotografisch fest und repariert so gut als möglich. Ein Termin bei Caravan-Abenteuer im Bayrischen Wald ist unerlässlich und eigentlich passt dies gar nicht in unsere Pläne.

 

Übrigens stellt sich heute heraus, dass unser Holländer-Nachbar eine SIE ist, was bei der nicht mehr ganz jungen Rentnerin leider nicht auf Anhieb  ersichtlich ist......

 

Der Wind hier an der Bucht wird je länger je extremer und mittlerweile stehen wir mausbeinallein auf der riesigen grünen Ebene am Meer. Die Retablierung von Auto bis Mann/Frau auf einem Campingplatz ist eh fällig, darum fahren wir weiter nach San Vito lo Capo zum Camping La Pineta. Die Platzierung in den Pinienalleen ist nicht ganz einfach, wenn Fernsehsatellit, Höhe und das Öffnen des Garagentor zu berücksichtigen sind. Das gut eingespielte Duo Riba ist am heutigen Tag aber bis zuletzt erfolgreich..... Je später der Nachmittag, desto heftiger die Windböen. Es geht soweit, dass unser Küchenfenster ausgehängt und durch die Gegend katapultiert wird. Ich bin um einen klitzekleinen Augenblick zu spät, um es noch zu verhindern. Das erste Aufatmen kommt bei der Feststellung, dass das Fenster keinen Schaden erlitten hat. Das wieder Einfahren des flüchtigen Teiles wird zweifach erschwert: durch den heftigen Wind und die absolut nicht moderate Arbeitshöhe! Der Moment des Desasters ist wie meistens höchst unpassend, denn das Kochprozedere wird damit jäh unterbrochen. Barni trotzt verbissen der stürmischen Situation und der definitiv unbequemen Haltung, und mit meiner Hilfe von innen schaffen wir es doch noch. Für die Nacht und den folgenden Tag ist Regen angesagt und der Windsturm tobt weiter. Hätte und wenn sind überflüssig, und dennoch hätte ich es wissen müssen. Bei derartigen Windverhältnissen ist das Fenster ausstellen ein absolutes „no go“ und ist es auch noch so tüppig beim Kochen!! Wir schätzen unser Glück im Unglück. Das Fenster ist wieder eingesetzt und bleibt geschlossen bis es ausgewechselt wird, denn der Öffnungsmechanismus wurde durch die Gewalt verbogen.

 

Mit leichter Verspätung sitzen wir wieder etwas entspannter beim Nachtessen und ein wahrhaft stürmischer Tag geht heute zu Ende.

 

Als ob nichts geschehen wäre strahlt am Morgen blauer Himmel und die Windverhältnisse haben sich normalisiert. Sie werden das Wäschetrocknen günstig unterstützen. Bei unserem Streifzug durch San Vito lo Capo erleben wir das langsame Erwachen des Touristendorfes im äussersten, westlichen Zipfel. Am Strand werden neue Liegestühle angeliefert, der Sand wird zurechtgeschoben und gesäubert, denn bald kann das Getümmel beginnen. In der Hauptstrasse locken einem die Kellner mit der Menükarte in der Hand an. Ein untrügliches Zeichen für uns, dem tiefen Süden bald zu entfliehen! Schön, dass wir diese hübsche Ecke noch in seiner Ruhephase erleben.

 

In der Nacht prasselte der Regen teils intensiv nieder und unsere Energiequelle Lady Sunshine nimmt sich heute ein Timeout. Wir werden deshalb noch einen Tag verlängern im Camping La Pineta. Der Fahrradausflug durch das Naturreservat lo Zingaro wird zum ultimativen Winderlebnis. Meistens spielt der Gegenwind die fiese Rolle, doch heute erfahre ich erstmals, dass ich ohne pedalen volle Fahrt nach vorne mache. Dank dem wundersamen Rückenwind erfolgt die Bergfahrt mit halber Anstrengung. Der Rückweg wird noch eine Spur amüsanter, denn ohne volle Pedalenkraft ist bergab zeitweise kein Vorwärtskommen. Zur Belohnung besorgen wir uns im Stedtli Cannoli zum Dessert. Kaum zu Hause angekommen und die Fahrräder sind in der Garage verstaut setzt der Regen ein, 1:0 für die Glückspilze!

 

Langsam stellt sich Wehmut ein bei uns, der Abschied von Sizilien rückt unaufhaltsam näher und der Gedanke beflügelt uns nicht wirklich. Der Himmel zeigt sich noch etwas grau und passt sich unserer Abreisestimmung an. Es geht Richtung Palermo. Kurze Zeit nehmen wir die Autostrada, dann wechseln wir auf die Küstenstrasse und freuen uns an der herrlichen Aussicht aufs Meer. Unser Ziel ist der Camping La Playa in Isola delle Femmine. Von hier  werden wir Palermo per ÖV besuchen, so umschiffen wir das Parkplatzproblem in der Chaotenstadt, die zudem für die Touristen als nicht wirklich sicher eingestuft wird.

 

Palermo per Zug, ein erlebnisreicher Montag liegt vor uns. Laut ist es und lärmig was das Zeug hält – das meistgehörte Geräusch ist die heulende Sirene der Ambulanz, nebst dem üblichen Gehupe! Was wir bisher an Städtechaos gesehen und erlebt haben kann ohne Weiteres als Minichaos abgetan werden! In Palermo herrscht schlicht der Machtkampf und der Sieg geht eindeutig an den Verkehrsteilnehmer mit den besten Nerven. Mit Sicherheit nicht an die Fussgänger sie ziehen hier erst recht die Ar...-karte!!

 

Wer je nach Sizilien fährt und in Palermo ist darf keines Falls versäumen, einen Blick in die Kathedrale an der Via Vittorio Emanuele zu werfen. Es ist echt das Verrückteste an Dimension und Kunst das wir auf unserer Reise gesehen haben. Die Kirche Gesù gehört gleichfalls dieser Klasse an mit ihrer reliefartigen Marmorkunst, oder das monumentale Teatro Massimo, das grösste Theater Europas. Daneben gibt es beschämende Bilder die ebenfalls zu jeder Grossstadt gehören. Bauliche Ruinen und die Bettler vor den Kirchen, oder die Gassen, in die man besser nicht hineinsieht. Für uns ist es ein eindrucksvoller, interessanter Tag den wir mit einem typisch sizilianischen Nachtessen in der Trattoria Cavalluccio, nahe dem Camping la Playa abschliessen.

 

Auf dem Weg zum Hafen in Palermo erleben wir zum Abschluss noch einige Highlights in Sachen Strassenverkehr. Einfach abartig was hier die Verkehrsteilnehmer vollbringen, bei diesem Thema verflüchtigt sich unsere Abschiedswehmut relativ rasch!

 

Nachdem ich die Auftragsbestätigung für die Fähre-Reservation beim Campingplatz ausdrucken konnte, hat sich das Check-In als einen kurzen „Chut“ erwiesen. Innert kurzer Zeit werden mir unsere Tickets ausgehändigt. Laut Fahrplan verlässt die Fähre um 23.00 Uhr den Hafen, das Einweisen für das Einschiffen bleibt jedoch aus. Irgendwann nach 21.00 Uhr übernimmt Barni die Entscheidung und bewegt unser Haus in Richtung der Fähre „La Superba“,  wo bereits einige PW’s den Anfang einer Kolonne bilden. Plötzlich kommt auch Bewegung auf bei den übrigen WoMo’s, die ebenfalls auf den Startschuss gewartet haben. So stehen wir bald im Schiffbauch auf der Plattform B und warten auf die Antwort der von Barni gestellten Frage an den Platzeinweiser: Gibt es Strom für den Kühlschrank während der Überfahrt? Nein auf dieser Plattform nicht, wir sollen hinausfahren, und so schnell wie wir drin waren, so schnell stehen wir wieder draussen. Telefongespräche und Diskussionen werden geführt und wir stehen da und warten. Letztendlich werden wir wieder eingewiesen auf die Plattform D wo die Auflieger-Container und Lastwagen bereits platziert sind. Strom? Nein, gibt es nicht auf der Fähre ausser die 440V die die Kühlwagen-Container benötigen. Gas abstellen, sonst gibt es sofort Alarm, viva Italia! Komisch dass dies alles erst auf Barni’s Frage hin geschieht .....

 

Unser Entschluss, eine Kabine zu buchen und die Fahrt nicht auf den Pullmann-Sesseln zu verbringen erweist sich bald als riesiges Glück.

 

Das Angebot auf dem an sich schönen Kahn, lässt für einen 21-stündigen Aufenthalt leider zu wünschen übrig, was auch für die gesamte Organisation gilt.

 

Die meiste Zeit, ausser der ziemlich erholsamen Nacht, verbringen wir mit Lesen und sie vergeht dabei erstaunlich rasch. Positive, auch wehmütige Erinnerungen an unsere „Auf See Zeit“ werden extrem wach bei dieser Fahrt. Das unendliche Gewässer hat für uns durch die Kreuzfahrt auf dem Pazifik ein völlig anderes, liebenswertes Gesicht erhalten.

 

Die einst verkündete frühere Ankunft in Genua ist leider nicht eingetroffen. Immerhin können wir die Fähre fahrplanmässig nach 19.00 Uhr verlassen. Wir fahren ca. eine halbe Stunde auf der Autostrada Richtung Alessandria bis Ovada, wo wir auf dem Stellplatz die Nacht verbringen.

 

Die nächsten Tage führt die Fahrt immer weiter nordwärts und endet vorläufig mit einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz.

 

Es folgen die Oster- und weitere private Ruhetage, wo sich die Schreiberin eine Auszeit gönnt.

 

Die Fortsetzung folgt selbstverständlich in gewohnter Manier.