Von der Schweiz nach Südostbayern

Und weiter geht der heisse Ritt, wie Barni oft zu sagen pflegt, wenn wir wieder aufbrechen zum nächsten, unbekannten Ort!!

 

Unser kurzer Abstecher in die Schweiz galt in erster Linie unseren lieben Familienangehörigen - verständlicherweise hält sich ihre Begeisterung für unser „abwesendes“ Zigeunerleben etwas in Grenzen. Doch Dank moderner Technik sind immerhin die regelmässigen Kontakte fast uneingeschränkt möglich. Die spannenden Reiseerlebnisse werden indes stets mit Interesse angehört oder gelesen!

 

Die Ostertage verbringen wir mit unseren Freunden Marlies und Peter. Sie begleiten uns mit ihrem Westfalia-Bus und so sind wir mal wieder unterwegs wie es zu unseren Westfalia-Zeiten oft der Fall war. Die ursprüngliche Idee vom Südtirol lassen wir bleiben, da die Wetteraussichten auch dort nicht wirklich bombastisch sind. Eine gute Gelegenheit, dafür einige reizvolle Orte im süddeutschen Raum wie Ravensburg, Ulm, Biberach, Donauwörth und Kelheim zu besuchen. Der Karfreitag ist wie auch in der Schweiz höchst unfreundlich bis s...kalt und nass, einzig vom Schnee sind wir verschont geblieben.

Die österliche Schifffahrt von Kelheim zum Kloster Weltenburg durch die Donau-Enge geniessen wir am Sonntag aber bei prächtigem Sonnenschein. Im Hui sind die Tage verflogen und das Abschied nehmen findet diesmal eher ungewohnt auf dem Stellplatz in Kelheim statt – ja zur Zeit sind wir HIER zu Hause!

 

Unser Zugvogel-Alltag nimmt weiter seinen Lauf und spielt sich in der kommenden Woche in Ostbayern ab. Am 28.4. haben wir im ca. 200 km entfernten Freyung, nahe der tschechischen Grenze den Termin für die Stabilisation unseres Garage-Gestelles.

 

Die Idee ist, die Zeit und das inzwischen herrlich warme Frühsommerwetter bei Radfahren und Wandern auszukosten. Von Kelheim steuern wir eigentlich Dietfurt an der Altmühl an und bleiben per Zufall schon in Riedenburg auf dem Stellplatz hängen. Er liegt am Main-Donaukanal, getrennt durch den Fuss- und Veloweg. Und direkt hinter uns, angrenzend zum Platz da gackern die Hühner und unermüdlich kräht der Hahn im Gehege - die ländliche Idylle pur!

 

Schwupp hat’s gemacht und die sizilianischen Kulissen sind vertauscht gegen die Gemütlichkeit im Hopfen- und Bauernland Bayern. Das Frühlingserwachen der Natur hier ist jedoch ebenso Seelenbalsam wie die Bilder, die wir so sehr liebten, im tiefen Süden Italiens oder Siziliens.

Hier im Altmühltal ticken die Uhren definitiv etwas anders und die Leute stehen mit dem Zeitmanagement keinesfalls auf Kriegsfuss.

 

Wir tippeln durch die kleine Altstadt Riedenburgs, wo der Hauptplatz noch mit der kunstvollen Osterdekoration geschmückt ist. Ein schöner Brauch, der hier in den meisten Städtchen gelebt wird. Mit dem steilen Aufstieg zur Rosenburg durch den zartgrünen Frühlingswald erledigen wir gleichzeitig unser Fitnessprogramm. Anderntags werden die Muskelgruppen für’s Radfahren beansprucht. Wir pedalen von Riedenburg dem Main-Donaukanal entlang bis Dietfurt an der Altmühl. Bei der Schleuse verweilen wir und staunen ob dem Riesenkahn, der sie mit der Eisenerzladung an Bord passiert.

 

Auf dem Radweg herrscht emsiger Verkehr, darunter viele E-Biker- Seniorinnen und Senioren, teils mit Hündli im Körbli auf dem Lenker! Dort werden wir wohl kaum je ankommen ......  Auch Dietfurt ist ein gepflegtes Städtchen, wo wir uns mit einem Hefeweizen belohnen. Das war vermutlich eine eher knappe Stärkung, denn die Rückfahrt nagt am Ende arg an meiner Reserve.

 

Nach Riedenburg dringen wir mit dem Ziel Eichstätt noch weiter ins Altmühltal vor. Auch dieser Stell- und Zeltplatz liegt im Grünen und in knapp 20 Minuten erreicht man der Altmühl entlang die Altstadt zu Fuss oder auch per Fahrrad.

 

Bei Sonnenschein pur nehmen wir Tags darauf den Zug von Eichstätt nach Dollnstein, von wo wir auf dem Altmühltal-Panoramaweg zurück wandern. Ein wundersames Erlebnis für Auge, Herz und Seele. Wir erleben die bayrische Natur, wie es bei uns in der Schweiz rein aus Sicht der Platzverhältnisse leider nicht mehr möglich ist. Auf unserem Wanderweg machen wir verschiedene Bekanntschaften. Da sind die Blindschleichen, die Eichhörnchen, der balzende Eichelhäher und bei der Mittagsrast der bayrische Jüngling, dessen kluge Redewendungen uns sehr beeindrucken.

 

Den Wochenmarkt am Samstag in Eichstätt wollen wir uns nicht entgehen lassen, denn wir träumen von frischem Spargel zum Nachtessen. Hier findet noch das ländliche Leben in der Kleinstadt statt. Wir beobachten Begegnungen, die für uns nicht wirklich alltäglich sind. Herzliche Bhüetis untereinander, die schnatternden Frauen im Kaffeehaus oder auf dem Marktplatz – gehören in der Schweiz sicherlich nicht zum gewohnten Alltagsbild. Der erstandene Spargel wird für uns übrigens so unvergesslich bleiben, wie die frischen Artischocken vor noch kurzer Zeit in Sizilien. Das Reisende-Leben hat so viele guten Seiten .....

 

Gleichzeitig bedeutet es allerdings immer wieder auch Abschied nehmen von liebenswerten Orten, wie z.B. Eichstätt. Wir ziehen weiter in den bayrischen Wald nach Freyung, wo am Montag unser Termin für die schadhafte Garage-Einrichtung vereinbart ist. Hier erleben wir die Überraschung zum Zweiten: der Chef höchstpersönlich nimmt sich der Instandsetzung unseres lädierten Gestelles an. Er und sein Mitarbeiter machen ein Brainstorming und kreieren gemeinsam die überzeugende Lösung. Unser „Fall“ sei der erste in dieser Art, was für ihn Grund genug ist, daraus zu lernen und uns für den Aufwand keine Kosten zu verrechnen. Er bestätigt definitiv seinen Eindruck auf uns vom letzten Jahr: clever, cool, geschickt – mit dem Wissen worauf es ankommt im richtigen Moment.

 

Juhu, eine Sorge weniger und die Fahrt nach Passau, das etwa 40 km entfernt liegt, kann losgehen. Ich bin sehr gespannt auf diese Stadt, von der mir Barni schon viel erzählt hat. Passau war für ihn und seinen Freund Peter damals ein End- bzw. Startziel auf ihrem Donauradweg, den sie von Donaueschingen bis Wien gefahren sind. Nachdem uns das Wetter auch hier entgegen der Wettervorhersage recht gut gesinnt ist, erfreue ich mich erst recht an dieser tatsächlich reizvollen Dreiflüsse-Stadt. Gleichzeitig wird bewusst, was die Menschen hier im letzten Jahr mit ihrer Hochwasserkatastrophe durchgemacht haben. An verschiedenen Orten ist sichtbar, bis wo das Wasser vor knapp einem Jahr stand. Für mich ist die Vorstellung fast unmöglich wenn ich heute hier stehe, und die Bilder aus den damaligen Nachrichten tauchen wieder auf.

 

Auch bei uns Reisenden geben sich manchmal die Sorgen die Hand, kaum ist die Eine eliminiert, ist die Nächste im Anmarsch! So kümmern wir uns nach der Garage-Einrichtung um den extremen Abgasgeschmack, der immer öfter zur Plage wird. Wir suchen deshalb den Carthago-Händler in Wurmannsquick in Niederbayern auf. Für den Werkstattleiter ist relativ rasch klar, dass die Ursache am verschmutzten Gas liegt und sich dadurch in Kamin und Leitungen Russrückstände bilden. Wird der Kühlschrank nicht mit Strom betrieben, ist der Abgasgeruch teilweise sehr extrem und kaum zu ertragen. Zu verdanken haben wir die Misere der CH-Firma, die uns die Betankungsanlage eingebaut hat, ohne dabei die bestehenden Vorschriften zu beachten. Die gesamte Befestigung der Anlage entspricht nicht den bestehenden Gesetzen, zudem wurden die nötigen Filter nicht montiert - soviel zur korrekten Schweizerqualitätsarbeit!! Im Falle einer Kontrolle könne uns eine Busse bis 10'000.00 Euro erwarten, klärt uns der Werkstattleiter auf. Das Glück im Unglück ist uns scheinbar dennoch wohlgesinnt, denn wie es aussieht sind wir wenigstens an gute Betreuung geraten. Die Moral von der Geschicht: Kühlschrank muss ausgebaut, neuer Brenner montiert und der Kamin komplett gereinigt werden. So verweilen wir noch etwas im gemütlichen Bayernland und warten auf den Ausführungstermin, sobald die nötigen Teile eingetroffen sind. Lustig ist das Reisende-Leben - wir bleiben flexibel und planen weiter wenn die Zeit dafür gekommen ist!

 

Für’s Erste finden wir in der Umgebung den familiären, gepflegten Stell- und Campingplatz Theresienhof in Bad Birnbach. Hier gibt es auch Waschmaschine und Tumbler, was mir schliesslich hilft die Wartezeit zu verkürzen!! So pendle ich zwischen Waschküche, Liegestuhl mit Lektüre,  Wäsche aufhängen und schätze mich glücklich, dass der Wetterbericht im positiven Sinn nicht stimmt, bingo! Nach dem Entspannungsschnarch an der Sonne begeben wir uns ins Städtli, wo heute am 30.4. der traditionelle Maibaum für’s Maibaumklettern errichtet werden sollte ....... Mit Betonung auf „sollte“, denn der Kranführer schafft es auch nach 2-stündiger Verspätung nicht, mit seinem Lastwagenkran den Stamm zu hiefen. Was wir, inkl. einem ansehnliche Publikum hier in Bad Birnbach, dem an sich hübschen, ländlichen Ort erleben, grenzt an eine eher peinliche Vorführung. Der Lastwagenchauffeur hat sein Gefährt bzw. den LW-Kran wenig bis gar nicht im Griff. Nach zwei Stunden Verspätung gebe ich das Warten endgültig auf und trete den Heimweg an, um die Hacktätschli zu preparieren. Barni macht noch eine Zugabe mit Warten, die sich leider nicht lohnt! Als schliesslich der LKW seine Vorderräder ab Boden hat, anstatt der Stamm aufgerichtet wird, versiegt auch bei ihm die Ausdauer ..... Vermutlich wird die nächste Fasnachtszeitung ein Maibaumgschichtli zu berichten wissen!!!

 

Es scheint nicht die stärkste Zeit der Bayern zu sein, man erinnere sich an den Vorabend des Champions-League Spiels gegen Real Madrid!