Immer weiter in Richtung westlicher Zipfel

Für die Retablierung verschieben wir uns ins benachbarte Sampieri auf den Campingplatz. Die Lage mit der Aussicht ist toll, der Rest reiner Abriss: verlangt wird ab März der Saisonpreis, der Zustand der Anlage steckt dagegen noch im tiefsten Winterschlaf. Zitronen gibt es ebenfalls keine zu pflücken während dem Duschen – ich ziehe deshalb das Duschen im Eigenheim vor .......

Auf dem Weg nach Caltagirone bunkern wir im Eurospar in Marina di Ragusa unseren Kühlschrank etc. auf. Ein ausgewanderter Zürcher erfreut sich auf dem Parkplatz an unserem ZH-Schild und verwickelt Barni kurzerhand in einen längeren Schwatz. Er geniesse es, mal wieder richtig Züritütsch zu sprechen.

Bei herrlichem, fast schon sommerlichem Wetter fahren wir bzw. ich mal wieder am Steuer, ins Landesinnere. So prächtig wie das Wetter präsentiert sich auch die hügelige, weite Landschaft. Meine Aufmerksamkeit gilt jedoch eher der Strasse, die mich mit ihren Schäden und den damit verbundenen Ausweichmanövern doppelt fordert. In unmittelbarer Nähe der Altstadt von Caltagirone finden wir einen geeigneten Parkplatz wo wir auch für die Nacht bleiben können. Es ist Siziliens Keramik-Hauptstadt, die berühmt ist für ihre Treppe Santa Maria del Monte mit den 142 Keramiktritten. Im strahlenden Sonnenlicht geben sie ein besonders hübsches Bild ab. Sinnigerweise gibt es endlos viele Geschäfte, die ihre kunstvollen Gegenstände verkaufen.

Blauer kann der Himmel nicht sein und uns erscheinen die Temperaturen fast schon sommerlich angenehm. Ganz im Gegensatz zu den Einheimischen, die sich von ihren Schals, Stiefeln, Pelzkapuzenjacken noch nicht loslösen können, es treibt uns beinahe den Schweiss auf die Stirn.

Vom Kellner in der Bar an der Piazza del Municipio haben wir den Tipp des sehenswerten Giardino pubblico erhalten. Er wird für uns zu einem der heutigen Höhepunkte, denn die Wetterkulisse untermalt das Bild noch zusätzlich. Zusammen mit dem Wetterglück sind diese Bilder kaum zu fassen und eine reine Wohltat für die Augen. Wir durchqueren den Giardino und gelangen schliesslich zur Bar, die seine Schwester Heidi betreibt. Die Überraschung: unser Kellner ist ebenfalls anwesend, er bedient uns lachend und freut sich über unseren Besuch. Bei der Verabschiedung meint er grinsend, dass am anderen Ende der Stadt ein weiterer Bruder von ihm eine Bar besitze!!!

Im knapp 40 km entfernten Piazza Armerina gibt es die altrömische Villa Romana del Casale, der wir unseren nächsten Besuch widmen. All das Gesehene in Worte zu fassen oder es gar zu begreifen ist schlicht nicht möglich. Das einstige, prunkvolle und überdimensionale Bauwerk mit der unbeschreiblichen Mosaikkunst aus dem Jahrhundert vor Christi ist gewaltig. Auf gekonnte und eindrückliche Weise wird den Besuchern ein bescheidener Einblick in diese historische Zeit ermöglicht die aufzeigt, welches die tatsächlichen Helden waren. Bei einer Sizilienreise sollte dieser Besuch keinesfalls fehlen.

Unseren Nachtplatz beziehen wir auf dem grossen Parkplatz gegenüber der Altstadt von Piazza Armerina. Der Sonnenuntergang und die Abendstimmung mit der hervorragenden Beleuchtung bietet einen atemberaubenden Anblick. Dies sind die unbezahlbaren, unvergesslichen Erinnerungen, die wir fortan mit im Gepäck haben werden!

Und wieder begrüsst uns der neue Tag mit knallblauem, wolkenlosem Himmel und Sonnenschein pur. Mit Sicherheit sind wir Glückspilze und wir freuen uns darüber.

Der Stadt Enna gilt heute unsere Aufmerksamkeit. Auf dem Weg dorthin liegt kurz davor Pergusa, das am einzigen Süsswassersee Siziliens liegt.

Das Aussergewöhnliche: rund um den See führt eine 4,6 km lange Rennstrecke, wo u.a. Formel 3 Autorennen ausgetragen werden. Zum Baden ist der See nicht frei gegeben, wie wir später zufälligerweise erfahren. Vielmehr dient die Rennstrecke den Fitness-Hungrigen, die entweder per Fahrrad oder joggender Weise ihre Runden drehen. Wir schwingen uns ebenfalls aufs Velo und umrunden das Gelände, mit Zwischenhalt für einen Tranksamen!

An der Stadt Enna ist in erster Linie die Lage mit ihrer Zufahrt spektaktulär. Wir erklimmen den Turm im Castello und geniessen die prächtige Aussicht über das weite Land und zum Aetna. Der einzige Stellplatz in der Gegend hat noch geschlossen, so begeben wir uns zurück zum Autodromo auf den Parkplatz. Aus dem Nichts sind plötzlich streunende Hunde vor unserem Haus und betteln bellenderweise, es nervt fast gar nicht! Wilde Hunde und Katzen gibt es übrigens in Italien/Sizilien nahezu so viele wie Oliven- Orangen- und Zitronenbäume!

 

Am Morgen brechen wir auf in Richtung San Leone / Agrigento, um unterwegs einen Stopp in Caltanisetta zu machen. Die Sehenswürdigkeiten dort wären durchaus lohnenswert, bleiben uns aber verwehrt. Wie meistens in den Städten herrscht das totale, unzivilisierte Durcheinander. Die unvollständige Signalisation zum Wohnmobil-Parkplatz beansprucht die Nerven ziemlich und erst recht, als wir ihn endlich ausfindig machen: der Platz ist vollständig mit PW’s belegt. Genau so läuft’s in Italien: Verkehrstafeln, Vorschriften und dergleichen sind da um nicht beachtet zu werden! Wir lassen es bleiben und fahren weiter durch eine blühende, üppige und hügelige Landschaft. Auf dem Camping in San Leone finden wir uns mit den dort herrschenden Apothekerpreisen ab, denn das stark besuchte Valle dei Templi bringt die Touris ohnehin! Immerhin gibt es hier eine speditive Waschgelegenheit, die Frau nutzt. Mit den Fahrrädern erkunden wir die Gegend entlang dem Lungomare und freuen uns an Sonne, Meer und am unbeschwerten Dasein.

Nach der Rückkehr kommt es zu einem ausgedehnten Schwatz mit den Schaffhauser-Nachbarn Mareike und Robert. Sie sind mit einem Mercedes-Van unterwegs und geniessen seit März ihr Frühpensionierten-Sein, willkommen im Club. 

Der Znacht fällt deshalb etwas spät aus und Barni brutzelt die Pouletstücke so ziemlich im Dunkeln.

 

Anderntags nehmen wir den Bus ins Valle dei Templi und verabschieden uns zuvor von Mareike und Robert.

Logischerweise muss es eine Schikane geben, wenn wir an der Haltestelle stehen – pünktlich, versteht sich!  Nach längerem Warten gesellen sich unsere Nachbarn dazu, die als Italiener wohlweislich etwas später mit dem Warten beginnen. Endlich hören wir vom Campingplatz-Mitarbeiter, dass die Strasse für den Bus wegen einer Baustelle in unsere Richtung nicht passierbar ist. Es dauert deshalb etwas länger, weil er einen Umweg fahren und von der Gegenrichtung anfahren muss. In Italien gibt es eben verschiedene Ausdauersportarten und wir machen erfolgreich mit ......  Das Tal der Tempel gibt bei unserem Wetterglück eine Traumkulisse ab für den Fotoapparat. Die zum Teil gut erhaltenen Tempelruinen stammen aus den Jahren 582 vor Christus – und die Säulen stehen noch immer, unglaublich. Der Besuch wird zudem mit einer prachtvollen Aussicht übers weite Land bis zum Meer und auf die Stadt Agrigento belohnt. Gleichzeitig gibt es in einer alten Villa auf dem Gelände eine interessante Ausstellung über die Mandeln. Sie lehrt uns, dass deren Herkunft so vielfältig ist wie ihr Aussehen. Die Früchte wachsen sowohl in Kirgistan, Ungarn, der Türkei und vielen weiteren Ländern Mitteleuropas oder den USA. In Italien stammen sie hauptsächlich aus Apulien und Sizilien. Mitunter ist uns klar, dass der wundervolle Anblick der rosa farbenen Bäume auf der Fahrt hierher den blühenden Mandelbäumen zu verdanken ist.

Agrigento hingegen hält für uns das Versprechen nicht, das der wohlklingende Name vermuten lässt. Wir vermissen den typischen Altstadtkern und wie vieler Orts in Italien die autofreie Zone!! Der/die FussgängerIn hat schlicht keine Priorität in diesem Land. Parkierte Autos an den unmöglichsten Stellen, dass selbst der Buschauffeur im roten Bereich dreht. Trottoirs sind übrigens ebenfalls kein Thema, höchstens um sie als Parkplatz zu benützen und die Fussgänger weichen über die Fahrbahn aus..... Agrigento ist ausschliesslich mit dem Tal der Tempel zu verbinden, sonst verpasst man hier nicht viel.

 

Die Reise geht weiter westwärts zu den  Scala dei Turchi. Dort ist der offizielle Camper-Parkplatz signalisiert nur zu finden ist er nirgends. Sämtliche Fahrzeuge sind entlang der Strasse geparkt und wir tun es ihnen gleich mit unserem Haus. Ein von Barni befragter Anwohner meint, dass es keine andere Möglichkeit gibt, da keine Saison sei. Mittlerweile hinterfragen wir die italienische Logik nicht mehr - wenn es denn wirklich eine gibt!

Der Weg zur „türkischen Treppe“ ist ein super Strandspaziergang und dank Ebbe erreichen wir sie bequem. Wir sind beeindruckt von der weissen Felsentreppe, die von Mutter Natur so geschaffen ist und im Sonnenlicht umso prächtiger erscheint. Noch ist die Zahl der mit uns anwesenden Besucher sehr bescheiden, doch schon ab dem nächsten Monat wird sich dies ändern. Ein herrlicher Ort zum Träumen, die Welt zu bestaunen und die Sonne anzubeten. Ihren Namen verdankt die Scala dei Turchi übrigens den Türken, die damals diese Treppe benutzten um an Land zu kommen und die Stadt Agrigento zu erobern.

 

Barni’s Entdeckung auf Google Earth, die Bucht Lido Rossello für die nächste Übernachtung, hat sich leider in Luft aufgelöst. Der scheinbar einstige Stellplatz sieht mit dem Garten ähnlichen Gelände eher wie Privatbesitz aus. Etwas enttäuscht steuern wir den Hafen in Siculiana Marina an, bis uns eine Verbotstafel für Camper und Autobusse daran hindert, die Zufahrtsstrasse zu passieren. Statt dessen sichten wir die Signalisation eines Stellplatzes die auch tatsächlich hinführt, was nicht selbstverständlich ist wie man weiss! Es handelt sich dabei um den Camping Canne, der zum stattlichen Ristorante Pizzeria gehört. Wir machen von diesem in nächster Nähe gelegenen Angebot kurz entschlossen Gebrauch für das Nachtessen. 200-300 Personen erwartet der Padrone wie er uns stolz berichtet, und das sei durchaus normal an einem Sabato Abend. Ist übrigens so eingetroffen, bis in den späten Abend strömen die Famiglias mit ihren Bambinis und Kinderwagen herein.

Für die nächsten Tage ist in dieser Gegend hier nicht mehr ganz so tolles Wetter prognostiziert. Barni versucht auf seine Weise Einfluss zu nehmen und klettert für die Dachreinigung in die Höh, wer weiss vielleicht hilft’s. Jedenfalls werden es uns die sauberen Solarpanels mit ihrer vollen Leistung danken. Die heutigen Aktivitäten halten sich in Grenzen. Schuld ist das launen- und wechselhafte Wetter einerseits und die Buchung für unsere Fähre nach Genua, die sich echt mühselig gestaltet. Zu später Stunde gelingt es doch noch und wir haben die Bestätigung, dass wir am 8.4.14 auf der Fähre nach Genua Passagiere sein werden.

 

Sciacca liegt 48 km weiter westlich und die Fahrt führt durch prächtige Landschaften und vereinzelt leuchten sie wieder wunderschön, die blühenden Mandelbäume. Das Hafengelände in Sciacca ist riesig und der Platz mehr als ausreichend. Bereits stehen mehrere Womos hier und es gilt, das Haus möglichst geschickt in die Windrichtung zu stellen, denn die Windstürme heute sind extrem heftig. Am Fischerhafen würden ab 14.00 Uhr die Fische verkauft, wie wir von Franca und Giorgo wissen. Bei unserem Bummel dorthin erfahren wir leider von den Fischern, dass heute des Sturmes wegen nicht gefischt werden konnte. Stattdessen flicken sie an ihren riesigen, ausgebreiteten Netzen, was sich wie eine komplizierte Handarbeit ansieht, die sie vollends beherrschen.

Sciacca ist wie Caltagirone bekannt für das Keramikhandwerk, das überall präsent ist. Sei es in Form einer kunstvollen Amphore vor dem Dom oder als Laternenschirm an der Hauswand. Es findet sich gar eine Minikopie der berühmten Keramik-Treppe von Caltagirone.

Gegen Abend sitzen wir in unserem Stüble und vor uns breitet sich ein weiteres Mal eine bezaubernde, abendliche Meerhafenstimmung aus mit den Fischer- und Segelbooten. Bald danach gibt’s Regentropfen und wir schätzen uns glücklich, dass wir unsere Marschrunde bei Sonnenschein drehen konnten.

 

Gar so trüb und nass wie der Tag vorausgesagt wurde scheint er nicht zu werden. Eigentlich möchten wir heute das Bergdorf Caltabellotta besuchen, das ca. 19 km entfernt ist. Leider fährt kein Bus hin und für das Fahrrad ist das Wetter etwas unsicher. Also  widme ich mich vorerst der Schreibarbeit. Das Wetter hält sich ganz ordentlich und Barni schlägt einen veritablen Touristenbummel mit dem Stadtplan vor. Das gibt noch beinahe ein Volltreffer, denn wir kommen durch winklige Gassen wo Wände und Treppe mit wahren Kunstwerken aus Keramik verziert sind. Schade, wenn wir diese Runde verpasst hätten, denn am „Antico Chiosco“ haben wir noch Weiterbildung im Gelati-Essen: das typisch sizilianische Gelati wird in einem Brioche-Brötchen wie ein Sandwich gegessen, schmeckt wunderbar! Genau hier entdecken wir auch den Bus-Fahrplan mit der Bus-Verbindung nach Caltabellotto! Super, eigentlich hätten wir es gewusst, dass man die erhaltenen Auskünfte der Italos hinterfragen und prüfen muss!! Fazit: Wir profitieren von unserer Flexibilität und holen den Ausflug morgen nach.

 

Um 09.30h besteigen wir bereits den Bus, der sogar pünktlich startet mit dem äusserst sympathischen Papa-Chauffeur am Steuer. An Bord wir zwei als einzige Passagiere, gespannt auf das Bergdorf, das auf knapp 1000 müM liegt. Der erfahrene Chauffeur lenkt sein Vehikel routiniert durch die chaotischen Verhältnisse in den engen Gassen vom Dorf S. Anna, das einige Kurven unterhalb von Caltabellotta liegt. Die Spiegel des Autobusses berühren beinahe die Balkone der Häuser. Trotz Parkverbot sind selbstverständlich Autos parkiert und welche kommen entgegen, doch ihn bringt gar nichts aus der Ruhe. Angekommen am Ziel staunen wir Bauklötze, wie man nur auf die Idee kommt, überhaupt Häuser hierhin zu bauen. Der Ort klebt förmlich unterhalb der Felsen und die Strassen sind so eng und steil, dass die Kurven in zwei Etappen gefahren werden müssen. Heute ist das Dorfleben besonders aktiv – es ist Markt. Dies kommt für die ca. 4000 Einwohner dem Supermercato gleich, denn das ist die wöchentliche Gelegenheit für den Einkauf. Alles ist zu finden, vom Gemüse, Fleisch, Käse, Nüsse zur Glühbirne, Salatschleuder, Pyjama, Bademantel, Büstenhalter, Slip, Socken, Schuhe, Lippenstift, Nagelschere, Batterien, WC-Bäseli und und und (die Aufzählung ist nicht abschliessend!!). Ausser seiner spektaktulären Lage bietet der Ort nicht viel, das Castello ist geschlossen und Kirchen haben wir bisher schon reichlich besichtigt. Bis unser Bus um 13.40 Uhr wieder abwärts fährt bleiben noch fast zwei Stunden und für mich ist eine Pippistation überfällig! Die einzige Trattoria die geöffnet hat wird für uns zum Glücksfall. So wie wir als einzige Bus-Passagiere angereist sind, so sitzen wir als einzige Gäste in der Trattoria La Ferla mit der prächtigen Aussicht. Der Padrone bedient uns höchstpersönlich und bringt uns auserlesene Antipasti kalt und warm vom Feinsten. Primi und secondi Piatti lassen wir aus, zu Gunsten der hausgemachten Cannoli. Dies ist eine sizilianische Dessertspezialität wo der feine Ricotta in eine knusprige Hülle gefüllt ist. Sie springt übrigens direkt auf die Hüfte!! Bei den Köstlichkeiten und den Geschichten, die uns der Padrone zu erzählen weiss, verfliegt die Zeit im Hui. Derselbe Fahrer chauffiert uns zusammen mit etlichen Schülern wieder talwärts, wobei spätestens im nächsten Dorf alle den Bus verlassen haben. Den Rest der Fahrt verbringen wir wieder allein mit dem Chauffeur und erfahren von ihm, dass er aus Caltabellotta stammt und auch dort wohnt. Kein Wunder also, dass er die anspruchsvolle Strecke kennt wie seine Hosentasche. Wieder zurück im Heimetli, beginnt fast gleichzeitig der Windsturm und es schüttelt und rüttelt ganz ordentlich. Immerhin haben wir unseren Ausflug im Trockenen über die Bühne gebracht. Die Satellitenschüssel wird heute kaum ausgefahren bei den extremen Windverhältnissen. Das Gewitter nimmt einen heftigen Verlauf mit Blitz, Donner, Regengüssen und teilweise Hagel. Die Stimmung direkt am Meer ist gespenstisch.

 

Der nächste Morgen beginnt vorerst ruhig aber grau, jedenfalls kann ich das frische Brot fürs Frühstück im „il Centesimo“ noch trocken einkaufen. Bald wiederholt sich das Spiel von gestern Abend mit Sturm und Regen. Das Meer tobt und die Boote werden kräftig hin und her geschaukelt, die Wellen klatschen an die Mauer und spritzen bis auf unsere Frontscheibe. Die WC-Entsorgung zwingt uns leider dazu, dass wir uns heute verschieben (im Gegensatz zu den Italos nehmen wir das Entsorgen ernst ...... ) und Barni studiert deshalb die Wetterentwicklung online.

Bingo, wir treffen es ausgezeichnet denn die 40 km bis Selinunte fahren wir teilweise sogar bei Sonnenschein. Kaum ist alles erledigt und wir auf unserem Platz stehen im Camping Athena, setzt ein neuer Platzregen mit Windsturm ein. Uns kümmert es wenig, denn hier sind wir besser geschützt als direkt am Meer. Der spannenden Hafenaussicht trauern wir dagegen sehr nach!

 

Die Wetterentwicklung wendet sich langsam aber sicher zum Guten und unsere Rechnung geht auf. Der Wind weht zwar noch, doch auch die Sonne hat sich zwischendurch ihres Amtes erinnert. In Selinunte ist der grösste archäologische Park Europas mit seinen griechischen Tempeln und deren Überreste zu besichtigen. Wir gehen die rund 3 km zu Fuss und überzeugen uns von dem geschichtsträchtigen, griechischen Kulturort aus dem 5. Jahrhundert vor Chr.  Zugegeben, auf den ersten Blick erinnern manche Ruinen an riesige Steinhaufen. Doch beim genaueren Hinsehen werden die immensen Dimensionen der liegenden Säulen und Kapitelle bewusst. Viele Fragen über das WIE der damaligen Entstehung bleiben offen und machen dem grossen Staunen über die griechischen Vorfahren Platz. Der Fussmarsch führt uns in den benachbarten Strandort Marinella zu einem feinen Cannolo (Ricottacreme in der Knusperhülle!) und zurück nach Hause.

 

Wir bewegen uns immer weiter westlich und suchen uns den Hafen von Mazara del Vallo aus für die nächste Übernachtung. Die Landschaft auf dem Weg dorthin wirkt auf uns nicht mehr so lieblich und blühend, wie wir sie von der südlichen Gegend kennen. Das einzige abgestellte Wohnmobil am Hafengelände gehört unserem Walliser-Nachbar von Siracusa. Sein Gefährt mit Anhänger ist unschwer zu identifizieren! Was Mazaro bietet ist leider keine Sensation, wir fühlen uns vielmehr in orientalischen Slums als in der Altstadt. Die Gebäude sind extrem verwahrlost, der Abfall säumt die Strassen und viele der Gesichter würde man eher Tunesien oder Marokko zuordnen. Ein Erlebnis ist der Fischhandel, der am Nachmittag in vollem Gange ist, nachdem ein Fischerboot mit seiner Beute zurückkehrt. Meine Absicht, in der Fischmarkthalle frische Gamberonis zu kaufen endet mit dem Resultat, dass wir die doppelte Menge und noch eine extra Portion frische Tierchen dazu eingepackt bekommen. Mein „Basta“ nützte rein gar nichts, dafür haben wir bestimmt die frischesten Meerestiere als Vorrat in unserem Tiefkühlfach! Verglichen mit dem Hafenplatz in Sciacca geht es hier eher turbulent zu und her, vor allem in der Nacht. Barni hat gar die notwendigen Abfahrvorkehrungen getroffen, falls die Jungs mit ihren Bierflaschen sich nicht mehr wirklich spüren sollten. Mazaro wird bei mir in allen Belangen mit „zum Abhaken“ oder „gefällt nicht“ bewertet - nur eine Korrektur: die Aussicht aus unserem Wohnbereich aufs Meer und den Strand wird unvergessen bleiben.

 

Ohne Wehmut zu verspüren fahren wir weiter nach Marsala auf den Gemeindeplatz in Hafennähe, wo auch Wohnmobile über Nacht stehen können. Am Sonntag ist er bis um 14.00 Uhr fest in den Händen der Marktfahrer und auf dem benachbarten Gelände sind Zigeuner heimatlich – wir sind also angekommen! Für uns unterscheidet sich das Leben im Südwesten Siziliens, mit den teilweise orientalischen Verhältnissen, wesentlich vom bisher Erlebten im Süden der Insel. Immerhin ist Marokko ein mögliches Winterziel von uns und Teil unserer Pläne, weshalb wir es als Vorgeschmack betrachten!! Noch befinden wir uns aber in Sizilien und streifen durch die Altstadt von Marsala. Sie hingegen verdient durchaus die Bewertung „gefällt sehr“. Gepflegte, instandgehaltene historische Gebäude und Gassen die uns an Dubrovnik in Kroatien erinnern.

Wir freuen uns auf das weltbekannte Salzgebiet, das sich von Marsala bis Trapani erstreckt. Bereits nach kurzer Fahrzeit sind entlang der Küste die Salzbecken und die Salzberge zu sehen. Vor der Weiterverarbeitung muss das Salz 1 Jahr liegen bleiben und wird zum Schutz mit Ziegeln abgedeckt.

 

In Nubia, kurz vor Trapani befindet sich das Salzmuseum. Wir geniessen quasi eine private Führung und hören uns gespannt die Geschichte der aufwändigen Salzgewinnung an. Meine Konzentration ist doppelt gefordert, denn ein äusserst attraktiver, junger Sizilianer berichtet in Italienisch! Er erklärt mit viel Herzblut, Charme und Witz anhand der alten Werkzeuge und Geräte. Dabei strahlen seine fast schwarzen, mandelförmigen Augen buchstäblich vor Begeisterung für die Sache.

Unmittelbar hinter dem Salzmuseum ist denn auch unser zu Hause für diese Nacht. Die Ruhe hier ist der wahre Genuss, ganz im Gegensatz zu den letzten beiden Abenden. Die traumhafte Abendstimmung und der Sonnenuntergang runden den erlebnisreichen Tag ab.