Holland - Hamburg - Ostsee

Nach Groningen wird jetzt Barni’s Auszeit in Hamburg fällig.

Das 50-jährige Bestehen des Junggesellenclubs will mit den inzwischen nicht mehr ganz „jungen Gesellen“ gefeiert sein. Mit den aus der Heimat angereisten Kollegen erlebt er während 4 Tagen Hamburgerkultur. In Anbetracht der in die Jahre gekommenen Teilnehmer wurde das Programm entsprechend angepasst ;-)

Meine Zeit auf dem Campingplatz in Hamburg-Stellingen verläuft währenddessen ganz nach meinem Lustprinzip. Es reicht von Lesen, Haushalten, nichts tun, Hamburger-Stadtbesichtigung oder Nachbarschaftspflege. Ja es gibt Nachbarn, die würde man am liebsten mitnehmen, Antje und Viktor gehören zu dieser Gattung. Wir hatten eine kurze sehr angenehme Zeit zusammen.

Am Sonntagmorgen früh nach dem gemeinsamen Fischmarkt-Besuch verabschiedet Barni seine Kollegen, die per Zug die Rückreise in die Schweiz antreten.

Auch ich will mir die Fischmarktstimmung nicht entgehen lassen und so treffe ich mich mit Barni mitten im turbulenten Marktgeschehen. Lustig ist es, den geschliffenen Mundwerken der Fischmarkt-Schreier zuzuhören. Sie erinnern uns an die Gemüseraffel-Verkäufer an der Wetzikerchilbi oder am Ustermärt! Das Angebot beschränkt sich längst nicht mehr nur auf Fisch, ebenso gibt es Früchte, Gemüse, Blumen, Hüte, und jede Menge Unnötiges zu kaufen. Die Bilder an übernächtigten Gestalten die ihren Durst überschätzt haben gehören mindestens genauso dazu.

Am Nachmittag sind wir zu Besuch bei Ingrid und Klaus, die wir am Tag unserer Ankunft in Hamburg beim Nachtessen in einem griechischen Restaurant kennengelernt haben. Sie interessierten sich so sehr für unser Vagabundenleben, dass sie uns für Sonntag spontan zu sich nach Hause eingeladen haben. Bei Kaffee und Kuchen starten wir und führen angeregte Gespräche, als würden wir uns lange schon kennen. Da sie auch gerne einen Blick in unser fahrendes Heim werfen möchten, fahren sie uns zurück auf den Campingplatz. Das traute Beisammensein endet schiesslich nach dem gemeinsamen Nachtessen beim Italiener. Dazu fährt Klaus mit uns mal kurz eine Halbestunde auf der Autobahn. Das war der etwas andere Sonntag in Hamburg, den wir bestimmt nie vergessen werden.

Aus unserem Ausflug nach Helgoland am Montag wird hingegen nichts. Anstatt die Tickets zu erhalten aufgrund der online-Buchung, ist am Schalter zu lesen dass heute die Fahrten nach Helgoland infolge stürmischer Nordsee abgesagt sind, Sch......! Auch für den nächsten Tag ist uns das Wetter zu unsicher, deshalb verlangen wir das Geld zurück. Das Frühaufstehen war quasi für die Katz und noch mehr bereuen wir es, Helgoland nicht zu sehen - Grund genug um wieder zu kommen. Das wird uns bestimmt leicht fallen, denn der Norden übt auf uns einen besonderen Reiz aus.

Wir verlassen Hamburg und fahren weiter in Richtung ehemaliger DDR nach Lübeck. Genauer bis Rosenhagen, ein kleiner Ort an der Ostseeküste mit einem Stellplatz der besonderen Art. Nach recht kniffliger Zufahrt stehen wir letztendlich inmitten des Obstgartens in ziemlich privatem Ambiente. In nur wenigen Minuten gelangt man zum Strand. Die gut geschützte Natur- und Vogelwelt ist hier in ihrem Gleichgewicht. Wir staunen, dass Schwäne und Enten auch im Meer zu Hause sind, Bisher waren sie für uns reine Süsswassertiere.


Weiter nordöstlich in Mecklenburg Vorpommern landen wir eher zufällig im bekannten Ostseebad Ort Boltenhagen. Die Strandkörbe entlang dem Strand geben das für die Ostsee typische Bild ab. Es gibt gar diverse Badefreudige, die sich ins Wasser wagen und sich auch vom kühlen Wind nicht abhalten lassen. Der Tourismusrummel ist am Abklingen und verleiht dem Ort bereits eine gewisse Ruhe. Unsere Vorliebe für Fisch können wir hier voll und ganz ausleben oder damit auch experimentieren. Fischräuchereien sind um jede Ecke anzutreffen und die Qualität ist erste Güte.

Wir lassen uns weiter treiben und treffen auf die Hansestadt Wismar, in der wir länger hängen bleiben als ursprünglich angenommen. In der Ausstellung im Rathaus „Bilder einer Stadt“ lernen wir einiges über die Geschichte von Wismar. So z.B. dass die Stadt im 17. Jh. zum Königreich Schweden gehörte. Davon ist bis heute die Tradition des Schwedenfestes geblieben, das jeweils im August gefeiert wird.

Der studierte Bauingenieur Jürgen Dehmen (oder so!) gestaltet die Stadtführung die wir mitmachen wunderbar professionell, witzig und äusserst interessant. Aus den zwei Stunden wurden letztendlich fast drei. Er ist mit Leib und Seele dabei und weiss so manche Geschichte zu verknüpfen mit den historischen Häusern und Kirchen. Einst gab es in Wismar 182 Brauereien, als Einzige sei das Brauhaus am Lohberg zu Wismar geblieben. Dieses Bier wird ausschliesslich in der eigenen Gaststätte ausgeschenkt und ist nirgends sonst zu kaufen. Nach dem kulturellen Erlebnis muss dies selbstverständlich auch von uns gekostet werden. Ich trinke erstmals eine Bierbowle, ein feines Wismarer-Pilsener mit Cocktailfrüchten, etwas ungewohnt aber prima. Jetzt fehlt noch das Matjes-Brötchen (feiner roher Heringfisch und Zwiebelringe eingeklemmt im knusprigen Weissbrötchen, das wir am Hafen essen. Eine absolute Delikatesse  wie sich nach dem ersten Bissen schon herausstellt.

Zusammen mit dem Gehörten von Jürgen ..... haben wir allen Grund, die UNESCO-Welterbe-Stadt in bester Erinnerung zu behalten.

In der Wismarer-Bucht liegt die Insel Poel, sie ist mit 37 Km2 die drittgrösste Insel von Mecklenburg Vorpommern. 15 km ist sie von der Stadt Wismar entfernt und bequem über den Damm auf dem Landweg zu erreichen. Die Insel ist wenig touristisch dafür spielen Natur, Tiere und Ruhe die Hauptrollen. In Timmendorf Strand gastieren wir auf dem sympathischen Stellplatz und lassen’s uns wohl sein. Jetzt kommen die Fahrräder zum Einsatz. Auf Radwegen die mitunter auch Feldwege sind fahren wir an riesigen Rosenkohlfeldern vorbei nach Gollwitz, im Norden der Insel. Der Montag ist bekanntlich der beliebte Ruhetag und deshalb müssen wir uns bis Kirchdorf gedulden für die Einkehr. In einem Fischrestaurant direkt am Hafen wagen wir uns ans Aal-Experiment! Barni entscheidet sich für die Variante „gebraten“ und ich im Aspik, was soviel wie „im Sulz“ bedeutet. Na ja, keine von beiden Varianten wird je unser Favorit werden, wir sind um eine Fischerfahrung reicher. Poel bietet in erster Linie viel Natur, eine Vielzahl an Vögeln, Enten, Schwänen, die hier ihr zu Hause haben oder Pause auf ihrer Reise in den Süden machen. Die Stare versammeln sich zu Schwärmen, dass es einer schwarzen Decke am Himmel gleicht. Ein unbeschreiblicher Lärm ist zu vernehmen wenn sie dabei ihre „Flugrouten-Besprechung“ halten. Die Häuser mit ihren Reet-Giebeldächern und der Baustil in rotem Backstein prägen das Landschaftsbild der Gegend.

Weiter geht die Reise der Küste entlang Richtung Rostock. Auf der Fahrt wird für uns deutlich spürbar, dass wir endgültig in der ehemaligen DDR angekommen sind. Ab und zu kommen beinahe unheimliche Gefühle auf. Wenn auf weiter einsamer Flur alte, halb verfallene Bauten zu sehen sind liegt die Vorstellung nahe, welch tragische Geschichten sich dort vermutlich zugetragen haben. Am 9. November liegt der Mauerfall 25 Jahre zurück und das Aufarbeiten dauert weiter an .........

Plötzlich pirscht ein Fuchs am hellen heiteren Tag über das Feld und ist offensichtlich auf Beutejagd. Auffallend für uns sind auch die vielen weidenden Pferde auf den Wiesen. Ja der wilde Westen könnte auch in Ostdeutschland sein!

In Warnemünde bei Rostock platzieren wir uns am Warnow-Fluss auf dem Park- und Stellplatz. Beim Warnow handelt es sich um den Seekanal, der den Hafen von Rostock mit der Ostsee in Warnemünde verbindet. Hier ziehen die grossen Meerdampfer und Fähren direkt vor unserer Nase vorbei und steuern in den Hafen von Rostock oder verlassen ihn.


Mehr Schönes von der Ostseeküste folgt ......